Employer Value Proposition
Recruiting muss nachhaltig werden – für eine bessere Mitarbeiterbindung und -motivation, aber natürlich auch aus Kostengründen. Deswegen rückt die Identifikation mit einem Unternehmen immer mehr in den Fokus – für Arbeitgeber genauso wie für Arbeitnehmer. Statistiken, Umfragen und Studien zeigen, dass die Nachwuchskräfte nicht mehr nur durch Gehalt, Altersvorsorge und die kostenfreie Fruitbowl zu überzeugen sind. Viel mehr achten sie auf das Teamgefühl, die Unternehmenskultur und die Werte ihres Arbeitgebers. Das Leben ist kurz und wer es sich aussuchen kann, der verbringt nicht den Großteil seines Tages in einem Umfeld, in dem er oder sie sich nicht wohlfühlt. In einem Umfeld, mit dem er oder sie sich nicht identifiziert.
Was macht Ihr Unternehmen besonders? Wie unterscheiden Sie sich von Mitbewerbern? Wobei sind Sie besser und wobei anders als andere Teams? Welche attraktiven Vorteile können Sie den Kandidatinnen und Kandidaten bieten? Um die Eigenheiten, Werte und Corporate Visionen zu vermitteln, gibt es diverse Maßnahmen im Personalmarketing. Umfassende Kommunikations-Konzepte berücksichtigen modernste Social-Media-Kanäle. Bilderwelten und Videos geben direkte Eindrücke. Doch uns soll es hier nicht um das Vermitteln gehen, sondern vielmehr um das Ermitteln. Was ist der Kern Ihrer Botschaft als Unternehmen? Wie finden Sie diesen heraus? Und wie bringen Sie ihn auf den Punkt? Die Grundlage ist die sogenannte Employer Value Proposition (kurz EVP), die wir nachfolgend erläutern.
Update 2020 / 2021
Die Sinus-Jugendstudie „Wie ticken Jugendliche?“ nimmt alle vier Jahre eine empirische Bestandsaufnahme der soziokulturellen Verfassung der jungen Generation vor. Dabei entstehen spannende Einblicke in die Lebenswelten von Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren in Deutschland. Laut der aktuellsten Studie von 2020 überwiegen für Jugendliche intrinsische Motive bei der Berufswahl: Spaß an der Arbeit haben, ein gutes Verhältnis zu Mitarbeitern und Kollegen, seinen eigenen Neigungen und Fähigkeiten nachkommen. Für Arbeitgeber heißt das: Transparent diese und ähnliche Stärken zu kommunizieren, ist also auch im Hinblick auf den Arbeitsmarkt der nächsten fünf bis zehn Jahre sehr empfehlenswert. Darüber hinaus sind die globalen Megatrends ebenfalls interessant, wenn es um die Definition und Formulierung der eigenen EVP geht. Als Beispiel ist hier der Megatrend New Work zu nennen, nach dem in Zukunft die gelungene Symbiose von Leben und Arbeiten besonders relevant sein wird.
Definition Employer Value Proposition
Die EVP ist die Kernaussage und – wortwörtlich übersetzt – das Nutzenversprechen des Arbeitgebers an seine Mitarbeitenden. Sie beschreibt, was aktuelle und potenzielle Arbeitnehmer von der Mitarbeit in der Organisation haben und erwarten können. Die EVP ist dabei nicht zu verwechseln mit Benefits wie Vergütung oder Urlaubstagen. Der Schwerpunkt liegt vielmehr auf der kulturellen Ebene. Wie ist die allgemeine Arbeitskultur? Wie ist das vorherrschende Arbeitsklima? Aber auch: Wie begegnet das Unternehmen der Digitalisierung? Welchen Stellenwert hat die Weiterbildung der Talente? Darüber hinaus entscheiden potentielle Arbeitnehmer häufig auch anhand der praktizierten Arbeitsmethoden, der Kommunikation der Mitarbeiter untereinander und der Vielfalt des Unternehmens über die Aufnahme der Beschäftigung. Mit der EVP können Sie als Arbeitgeber kommunizieren, was Sie einzigartig macht. Sie können transparent darlegen, welche Motive die Unternehmenstätigkeit bestimmen. Sie können zeigen, wie das Miteinander gestaltet ist. Und Sie können die Zukunft des Unternehmens ins Visier nehmen.
Ziel der Employer Value Proposition
Die EVP erfüllt Funktionen wie: Identifikation für Mitarbeiter, Mitarbeiterbindung, Richtungsweisung für die Entwicklung der Organisation, Differenzierung in den Arbeitsmärkten und Orientierung für Bewerber. Als Formulierung einer klaren und authentischen Positionierung ist sie die strategische Basis für alle Employer-Branding-Maßnahmen – glaubwürdig, zukunftsfähig und differenzierend. Dabei gilt die EVP zielgruppenübergreifend, spricht also mit der Stimme der gesamten Belegschaft eins Unternehmens. Nicht nur aus der Perspektive der Marketing-Abteilung oder gar der Führungsebene.
Anwendung der Employer Value Proposition
Optimalerweise werden alle internen und externen Maßnahmen der Arbeitgeber-Kommunikation inhaltlich auf die EVP angepasst. Daraus folgend sind interne oder externe Employer Brand Manager, HR, Personalmarketing und Recruiter die zentrale Zielgruppe. Wie aber schon eingehend betont, ist eine Employer Value Proposition keine geheime Strategie der Führungskräfte. Sie ist für alle aktuellen und potenziellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter relevant. Schließlich sollen sie sich darin wiedererkennen und sie nach außen tragen. Wenn ganz „normale“ Kollegen sofort verstehen, was das Alleinstellungsmerkmal (oder Unique Selling Point, kurz USP) und der Markenkern Ihres Unternehmens ist, werden sie zu Botschaftern der Arbeitgebermarke.
Wie wird eine Employer Value Proposition entwickelt?
Das klingt alles toll, aber wie finden Sie die EVP Ihrer Organisation heraus? Wie generieren Sie für Ihr Unternehmen eine EVP? Was gehört in eine EVP? Wie formulieren Sie eine starke und attraktive EVP? Welche Informationen sind dafür wichtig? Und welcher Art kann die Präsentation sein? Der Wert und die Funktion einer Employer Value Proposition wurden eingehend besprochen, aber die Theorie bringt wenig ohne Resultate. Basierend auf der Definition, den Zielen und Anwendungen einer EVP können Schritte entwickelt werden, mit denen die EVP auch tatsächlich generiert werden kann.
- Finden Sie Ihre Unternehmenswerte und Alleinstellungsmerkmale heraus. Und kommunizieren Sie diese auf zielgruppenpassende, authentische Art und Weise. Damit ist alles gesagt und jetzt wissen Sie was zu tun ist? Ganz so einfach ist es natürlich nicht. Sonst gäbe ist keine komplette Employer Branding Branche, die sich diesem Thema verschrieben hat. Es gibt diverse Mechanismen und Vorgehensweisen, um die eigene Employer Value Proposition zu generieren. Als Employer Branding-Agentur unterstützen wir Sie dabei natürlich gerne. Klar ist vermutlich, dass es sich hier um einen umfangreichen Prozess handelt. Mit ein oder zwei Meetings allein kommen Sie hier nicht weit, aber einige Tipps geben wir Ihnen gerne schon mal mit.
- Beziehen Sie diverse Personen ein, nicht nur die üblichen Verdächtigen wie HR, Marketing und höhere Managementebenen. Analysieren Sie die Perspektive Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Menschen, die in verschiedenen Abteilungen Ihres Unternehmens arbeiten, sehen Sie als Arbeitgeber unterschiedlich. Ob sie seit zwei oder 20 Jahren dabei sind verändert ebenfalls die Perspektive. Außerdem zeigt unsere Erfahrung: In kleineren Teams ist die Identifikation mit der Arbeit bzw. mit dem Kollegium oftmals stärker, als mit der Organisation in ihrer gesamten Größe. Wie empfinde ich meine konkrete Arbeit? Wie empfindet sie mein direkter Kollege? Was schätzen wir an unserer täglichen Arbeit? Und was erzählen wir davon nach Feierabend unseren Freunden und Familien? Die Antworten auf diese Fragen sind viel klarer und direkter, als abstrakte und langfristige Unternehmensvisionen. Die dadurch aber nicht weniger wichtig sind.
- Überlegen Sie sich Ihre stärksten und modernsten Argumente. Viele junge Arbeitnehmer achten vermehrt auf die Einstellungen ihres potenziellen Arbeitgebers zu sozialen und politischen Fragen. So stellt das Angebot eines firmeneigenen Kindergartens nicht nur ein attraktives Argument für Mütter und Väter dar. Es teilt auch anderen Kandidaten mit, dass sich das Unternehmen für die privaten Bindungen seiner Mitarbeitenden interessiert. Das Umweltbewusstsein eines Unternehmens spielt vermutlich eine so große Rolle wie nie für viele Menschen. Ein nachhaltiger, umweltbewusster Betrieb kann auf dem Arbeitgebermarkt enorm punkten. Überaus bedeutend sind für die meisten Menschen auch Aufstiegschancen und Karrieremöglichkeiten. Letztlich besteht die Möglichkeit, zahlreiche sonstige Leistungen zu definieren. Ein eigenes betriebliches Gesundheitsmanagement, Weihnachtsgeld, Geburtstagsgeschenke oder Weiterbildungsmaßnahmen sorgen dafür, dass Sie in der Gunst der Kandidaten steigen. Wichtig ist, dass diese Argumente authentisch sind und zu Ihnen als Unternehmen passen.
- Schauen Sie sich Ihre Wettbewerber an. Was behauptet Ihre unmittelbare Konkurrenz von sich? Was versprechen ihre Wettbewerber? Wie kommunizieren sie ihre Arbeitgebermarke? Sie werden um diese Fragen nicht herumkommen. Wichtig ist dabei die Motivation: Es geht nicht darum, dass Ihre Organisation höher, besser, weiter sein muss, sondern was sie anders macht. Natürlich achtet Ihre Zielgruppe auf sogenannte harte Benefits, wie Vergütung und Urlaubstage. Die Kandidatinnen und Kandidaten, die Sie ansprechen wollen, interessieren andere Aspekte noch viel mehr. Faktoren wie zum Beispiel Teambuilding, Gesundheitsmanagement, Corporate Learning oder flexible Arbeitszeiten sind gefragter denn je. Und vor allem stellt sich die Frage: Was macht das Miteinander in Ihrem Unternehmen besonders? Einzigartigkeit bedeutet nie Perfektion. Und erst recht bedeutet es nicht, mit anderen mitzulaufen.
- Finden Sie Ihre eigene Kommunikation. Sowohl für die tatsächliche Formulierung als auch ihre Visualisierung und Präsentation einer EVP gibt es kein Schema F. Was nicht bedeutet, dass es nicht richtungsweisende Formate gibt. Aber auch hier ist die Perspektive der Schlüssel zur Abgrenzungsstärke. Wie sehen Ihre Mitarbeiter Sie als Arbeitgeber? Wie wollen Sie sich Kandidatinnen und Kandidaten auf dem Arbeitgebermarkt präsentieren? Aber auch: Welche Learnings können Sie aus Ihrem bisherigen Recruiting ziehen? Welche Faktoren können in Zukunft relevant werden? Gehen Sie von den ermittelten Werten aus und wählen Sie auf der Basis die Medien, die Form und die Kanäle – nicht anders herum.
Beispiel: Die EVP der Agentur Junges Herz
Man sagt „Der Schuster trägt die schlechtesten Leisten“. Das wollten wir nicht erfüllen und haben selbst den Employer Branding-Prozess durchlaufen inkl. Workshops und Strategie-Entwicklung, durch den wir unsere Kunden begleiten. Schließlich sind auch wir ein Unternehmen, ein Arbeitgeber. Unser eigenes Employer Branding fußt auf der folgenden Employer Value Proposition:
Fazit
Eine Employer Value Proposition ist essenziell für Ihr Recruiting. Die EVP erfasst Ihre Employer Brand, Ihre Arbeitgebermarke. Der Prozess auf dem Weg dahin ist vielschichtig und sollte diverse Stakeholder einbinden. Nur so können Sie den Bewerberinnen und Bewerbern ein authentisches und umfassendes Bild vermitteln. Die Kandidatinnen und Kandidaten von heute achten nicht mehr ausschließlich auf basic Benefits wie Vergütung oder Urlaubstage. Sie wollen wissen, was das Unternehmen ihnen darüber hinaus bieten kann.
Wie ist die Zusammenarbeit im Team? Wie verhält es sich mit Eigenverantwortung oder Hierarchien in der Organisation? Für welche Werte steht Ihr Unternehmen ein? Wie will es sich entwickeln? Diese Fragen sind ausschlaggebend dafür, ob die Talente von heute ihre Karriere in Ihrem Unternehmen beginnen bzw. fortsetzen wollen. Um die Antworten darauf zu definieren, ist die Employer Branding ein zentrales Werkzeug. Und ein Kernelement für Ihr Employer Branding.
Weiterführende Links
Sinus-Jugendstudie 2020 „Wie ticken Jugendliche?“ -> https://www.bpb.de/shop/buecher/schriftenreihe/311857/sinus-jugendstudie-2020-wie-ticken-jugendliche
Zukunftsinstitut: Megatrends -> https://www.zukunftsinstitut.de/dossier/megatrends/
- Wir rufen am selben Werktag bis 17 Uhr zurück.
- Nutzen Sie unsere kostenfreie Erstberatung zum Employer Branding.