New Work
Ein Konzept erschüttert die Arbeitswelt. Der technische Wandel der gesamten Welt schafft die Voraussetzungen, Silicon Valley beginnt es umzusetzen. Am Ende droht nichts mehr zu sein wie es war. Arbeitsstrukturen aufgebrochen, die Work-Life-Balance im Gleichgewicht und Machtverhältnisse abgeschafft. Die Rede ist von „New Work“ – ein Konzept für eine neue Arbeitsweise mit mehr Freiheit, Selbstbestimmtheit und Teilhabe an der Gemeinschaft findet viele Unterstützer, aber auch Kritiker. Was steckt dahinter?
New Work in 2020 und 2021
New Work war bereits vor 2020 in vielen Branchen ein Gesprächsthema. Anfang des Jahres hat die Coronakrise dann den neuen Trend über Nacht ganz nach vorne katapultiert. Remote Work und schnelle, flexible, kreative Problemlösungen waren plötzlich unausweichlich.
Theorien der New Work Philosophie wurden für Millionen von Menschen zur Realität - mit allen Vor-und Nachteilen. 2021 ist das Jahr, in dem sich die ersten nachhaltigen Entwicklungen der Arbeitswelt 4.0 in großer Anzahl zeigen werden. Für die Unternehmensführung wird Remote Management zum wichtigen Bestandteil ihrer Arbeit. Wie lässt sich ein Team aus der Distanz und virtuell führen, ohne dabei Leistung, Kommunikation, Vertrauen und zwischenmenschliche Beziehungen zu verlieren?
Die besonderen Herausforderungen von New Work wurden während des Lockdowns auch für die Arbeitnehmer sichtbar: Wie funktioniert freies Arbeiten in kleinen Wohnungen oder mit der Doppelbelastung Kinderbetreuung? Hier gilt es 2021 und darüber hinaus innovative Lösungen zu finden. Einen großen Einfluss hat das spontane New Work Modell der Pandemie übrigens auch auf den Immobilienmarkt. In den USA und Europa verließen flexible Arbeitnehmer in großer Zahl ihre Innenstadtwohnungen in New York City, Paris und Berlin und entschieden sich für das Home Office mit Haus und Garten in ländlicheren Gegenden.
Was ist New Work?
Der Begriff geht zurück auf Frithjof Bergmann, der ein alternatives Arbeitsmodell entwickelte. Anstelle der einfachen Lohnarbeit des Kapitalismus setzt er die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit und Kreativität in den Vordergrund. Die Kernwerte, die sich daraus für die Gesellschaft ergeben, sind damit Freiheit, Selbstbestimmtheit und Gemeinschaft. Als Gegenentwurf zum Kapitalismus ist der Ansatz durchaus politisch, fand aber über eine kleine Leserschaft hinaus nie ein größeres Publikum. New Work beschreibt also die Arbeitswelt der Zukunft. Begriffe wie digitale Transformation oder Arbeitswelten 4.0 spielen eine wichtige Rolle.
Soweit die Theorie. Was hat diese schon in die Tage gekommene Idee mit der heutigen Wirklichkeit zu tun? Ganz einfach: Sie wird umsetzbar. Sowohl gesellschaftlich wie auch technologisch vollzieht sich ein Wandel, der Bergmanns Ansatz neues Leben einhaucht. Dieser findet sich in drei Sphären:
- Die Struktur von Arbeit: Die Festanstellung ist für Arbeitnehmer nicht mehr das zentrale Prinzip. Die Karriere muss nicht mehr streng hierarchisch verlaufen. Management und Arbeiter lösen sich vom Konkurrenzgedanken und arbeiten in Netzwerken. Werte wie Selbstständigkeit, Freiheit und Individualität haben großen Einfluss auf die Arbeitnehmer.
- Einstellung zur Arbeit: Die Idee wie ein gelungener Lebensweg aussieht steht wieder zur Disposition. Für immer mehr Menschen ist ein steter Aufstieg innerhalb von 40 Jahren im selben Unternehmen nicht länger erstrebenswert. Viele beginnen das Verhältnis von Arbeit zu Freizeit zu hinterfragen. Sinnhaftigkeit der Arbeit nimmt eine größer werdende Rolle ein.
- Technologisierung und Digitalisierung: Es beginnt bei der Abschaffung von Papier im Büro. Die allgegenwärtige Verfügbarkeit des Internets und Cloud-Anwendungen machen eine physische Anwesenheit bei vielen Arbeiten nicht mehr notwendig. Innovative Formen der Arbeit auf neuen Geräten werden immer verbreiteter.
Was bedeutet dies in der aktuellen Welt?
Die Konsequenz ist ein neues Arbeitsmodell: Die von Bergmann formulierten Werte finden sich im Leben von Arbeitnehmern wieder. Sie arbeiten nicht länger in festen Strukturen sondern „agil“ – der aus der Softwareentwicklung stammende Begriff ist der Gegenentwurf zum fest über Jahre geplante Verfahren, wie es im Ingenieurswesen üblich ist. Dazu zählt neben der ungebundenen Arbeitsweise auch eine offene und transparente Kommunikationsstruktur. Hierarchien werden abgebaut und strategische Entscheidungen gemeinschaftlich getroffen.
Die konsequenteste Variante der New Work-Bewegung verkörpern junge Talentierte, die sich nicht mehr länger binden lassen. Sie begreifen sich als digitale Nomaden, die von einem Job zum nächsten wechseln, immer dorthin, wo sie sich am ehesten entfalten und Ideen umsetzen können. Mehr als einen eigenen Laptop bedarf es in der Regel nicht, um bei diversen Unternehmen in der Softwareentwicklung zu arbeiten. Auch Cloudworking greift dieses Prinzip auf. Anstatt Mitarbeiter fest anzustellen, schreibt das Management Aufgaben an externe selbstständige Arbeiter aus, sogenannte Cloud-Worker. Diese arbeiten entsprechend auftragsweise größere und kleinere Aufgaben ab, ohne vertraglich gebunden zu sein.
Mit der Generation Y bringen immer mehr Arbeitnehmer ihre Werte in Unternehmen ein und stellen Forderungen an Unternehmen, was Sinnhaftigkeit der Arbeit oder die Work-Life-Balance betrifft. Junge Arbeitnehmer starten somit eine Art Personal Branding. Während viele ältere Arbeitnehmer bislang eine Abwehrhaltung einnahmen, wandelt sich inzwischen das Bild. Immer mehr Menschen aus der Generation der heute 50-Jährigen finden Gefallen an den neuen Ideen, die sich entwickeln. Der Trend ist damit gekommen um zu bleiben. Einer der Vordenker der Branche ist Lars Vollmer, welcher immer wieder Artikel und Beiträge zum Thema publiziert.
Kritik – Der Arbeitnehmer im Mittelpunkt?
Unverkennbar ist New Work nach den Bedürfnissen des Arbeitnehmers ausgerichtet. Diese sollen Möglichst selbstbestimmt, frei und für gesellschaftlichem Nutzen arbeiten können. Kritische Stimmen weisen darauf hin, dass der Markt außer Acht gelassen wird. Firmen müssen Kunden befriedigen und stehen in Konkurrenz mit anderen Marktteilnehmern. Gewisse Arbeitsbedingungen sind vom Markt erzwungen. Stellt ein Unternehmen seine Strukturen dahingehend um, dass das Unternehmen „menschlicher“ wird, kann dies aus marktwirtschaftlicher Perspektive fatale Folgen haben. Die Theorie ist zudem sehr branchenabhängig: Während Softwareentwickler, HR Consultants oder Autoren sehr einfach ihre Arbeitszeiten und Büroanwesenheiten sehr flexibel gestalten können, ist dies für Bauingenieure, Handwerker und Industriemechaniker schon deutlich schwieriger.
Was bedeutet dies für Personalmarketing und Employer Branding?
Zwar sind nach wie vor Sicherheit und Gehalt die zentralen Aspekte, wenn es um die Personalgewinnung geht, doch immer mehr Arbeitnehmer legen Wert auf „softe“ Aspekte. Eine eigenständige Arbeitseinteilung, die Möglichkeit zum Home Office oder auch die Sinnhaftigkeit von Arbeit ist zusehends Relevant. In modernen Personalmarketing- und Employer-Branding-Strategien müssen diese Werte berücksichtigt werden. Dies beginnt schon bei der Kommunikation. Über Facebook, Twitter oder LinkedIn erreicht das Unternehmen potentielle Kandidaten.
Ist man beispielsweise auf der Suche nach innovativen, jungen Softwarearchitekten, sollte man deren Freiheitswillen unterstützen. New Work ist vor allem eine Geisteshaltung der unternehmerischen Avant-Garde, auch wenn sie nach und nach in die allgemeine Mitarbeiterschaft eindringt. Wer sich die sogenannten „Einhörnern“ (ein Wort aus dem Silicon Valley, welches besondere Talente beschreibt) ins Unternehmen holt, sollte nicht vor deren Effekten zurückschrecken. Disruptive Prozesse, die unweigerlich von solchen Personen ausgehen, da sie Arbeitsstrukturen grundsätzlich hinterfragen, sollte ein Arbeitgeber positiv aufnehmen.
New Work ist eine Idealvorstellung für selbstbestimmtes Arbeiten. Ein Betrieb, welches solche Bedingungen bieten kann oder will, sollte sich für die Konzeption seiner Arbeitgebermarke zwingend mit diesem Konzept befassen. Sie birgt Risiken für gewohnte Strukturen, aber auch Chancen für innovative Prozesse. In den Jahren 2015, 2016 und 2017 hat sich der Begriff immer mehr als Buzzword verselbstständigt. Die Frage nach tatsächlichen Lösungen rückt immer mehr in den Hintergrund.
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