- Was ist International Recruiting - eine Definition
- Global Recruiting vs. International Recruiting: Wann greift welche Strategie?
- Best Practice: So setzt der Pflegesektor auf ausländische Fachkräfte
- Kulturelle Besonderheiten und wie sie das Recruiting beeinflussen
- Fazit: Die Chancen des International Recruiting
- Weiterleitende Quellen
International Recruiting
Allein im Jahr 2022 bleiben in Deutschland 630.000 Stellen aufgrund von Fachkräftemangel unbesetzt – Tendenz steigend. Denn bis 2060, so die Prognose, benötigt Deutschland jährlich 146.000 Menschen aus dem Ausland, um den Stellenbedarf zu decken. Besonders betroffen von Personalengpässen sind medizinische und soziale Bereiche, aber auch das Bildungswesen. Die Lösung: Fachkräfte aus dem Ausland anwerben. Die Idee klingt einleuchtend. Nicht nur innerhalb Deutschlands, sondern weltweit werden Fachkräfte gesucht - egal ob auf Fach- oder Führungsebene.
So einfach International Recruiting klingt, so holprig ist die Umsetzung. Die Fachkräfte müssen zum Teil bereit sein, nach Deutschland umzuziehen, sie benötigen grundlegende Sprachkenntnisse, das Ausbildungsniveau muss angeglichen werden... und dann sind da noch die kulturellen Besonderheiten.
Wie gelingt internationale Rekrutierung in diesem Spannungsfeld?
Was ist International Recruiting - eine Definition
International Recruiting bezeichnet die Suche und Einstellung von Kandidat:innen aus dem Ausland. Auslöser ist in erster Linie der weltweit zunehmende Fachkräftemangel. Aber auch der Wunsch, Personalkosten zu senken, kann Unternehmen zum International Recruiting motivieren.
Welche Vorteile entstehen aus International Recruiting
Nicht jedes Unternehmen benötigt internationale Unterstützung, um auch in Zukunft wirtschaftlich bestehen zu können. In einigen Branchen entsprechen die Vorteile internationaler Rekrutierung bereits einer Notwendigkeit. Dabei sind die Chancen vielfältiger, als es auf den ersten Blick scheint:
- Zugang zu einem riesigen Talentpool qualifizierter Talente
- Spezialisierte Suche nach Personen mit Expertenwissen
- Erhöhte Diversität und somit Innovationskraft im Unternehmen
- Gestärkte Employer Brand aufgrund der globalen Präsenz als tolerantes und weltoffenes Unternehmen
- Global vernetzt dank weltweiter Wirtschaftsverbindungen
Global Recruiting vs. International Recruiting: Wann greift welche Strategie?
Im Vergleich zum klassischen Recruiting im Inland ist das International Recruiting mit erhöhten Anforderungen verbunden. Zunächst müssen Unternehmen entscheiden, aus welchen Ländern sie Talente rekrutieren wollen. Dabei spielen neben der fachlichen Eignung auch die Angleichung des Bildungsniveaus, Sprachkenntnisse und rechtliche Rahmenbedingungen eine Rolle. Wollen sich Unternehmen nicht auf bestimmte Länder festlegen, greift der Ansatz des Global Recruitings. In diesem Fall steht ihnen die fachliche Expertise weltweit zur Verfügung.
In der Praxis funktioniert Global Recruiting allerdings nur in Ausnahmefeldern - etwa bei Jobs im digitalen Bereich, die vollständig remote erledigt werden können. Aber auch hier gibt es Potenziale. IT-Personal wird händeringend gesucht. Als Alternative zur Festanstellung sind hier Freelancer:innen in Betracht zu ziehen. Sie vernetzen sich heute in der Gig Economy.
Gig Working ist somit eine Möglichkeit, globale Rekrutierungsprozesse im eigenen Unternehmen zu etablieren. Dabei entfällt ein Großteil des bürokratischen Aufwands. Denn Gig Worker arbeiten häufig auf selbstständiger Basis - Sozialversicherungsbeiträge entfallen entsprechend. Zudem arbeiten sie ressourcenoptimiert, da Unternehmen sie nur projektbezogen oder bei Bedarf einsetzen. Die beliebteste Möglichkeit, mit Kandidat:innen weltweit in Kontakt zu treten, ist über weltweit genutzte Kanäle wie LinkedIn. Active Sourcing ist dabei ein Schlüsselfaktor.
Sobald jedoch ein Umzug nach Deutschland notwendig wird, kann Global Recruiting zu unspezifisch sein. Dies gilt insbesondere für Institutionen, die regelmäßig wiederkehrend Fachkräfte aus dem Ausland rekrutieren wollen. Immer wieder von vorne anzufangen, ist weder kosten- noch nutzeneffizient. Krankenhäuser entscheiden sich daher beispielsweise explizit für die Suche nach Talenten in bestimmten Ländern - wie der Ukraine, Spanien oder Italien. Aus der reinen Rekrutierung wird ein System: Denn die Fachkräfte vor Ort entscheiden sich bereits während ihrer Ausbildung, nach Deutschland zu kommen. So erlernen sie nicht nur den Beruf auf Basis des erforderlichen Bildungsniveaus, auch B2-Kenntnisse in Deutsch sind Teil der Ausbildung.
Übrigens: Auch im International Recruiting ist Active Sourcing die bevorzugte Variante. Im Gegensatz zum Global Recruiting setzen Unternehmen hier verstärkt auf die Dienstleistung der Personalvermittlung. Das zeigt eine Studie von LinkedIn in Zusammenarbeit mit Bitkom. 81 Prozent von fast 1000 befragten Manager:innen und HR-Entscheidern stuften die Personalvermittlung aufgrund ihrer Schnelligkeit als beliebteste Methode der Personalsuche ein.
Best Practice: So setzt der Pflegesektor auf ausländische Fachkräfte
Die Pflegebranche hat in den letzten Jahren zahlreiche Use Cases und Maßnahmen zur internationalen Rekrutierung hervorgebracht. Neben dem bereits bestehenden Fachkräftemangel sieht sich die Branche mit der Realität konfrontiert. Bis 2050 wird eine deutliche Zunahme chronischer Erkrankungen prognostiziert.
Einrichtungen wie Altenheime und Krankenhäuser steuern daher bereits seit vielen Jahren dem Fachkräftemangel entgegen. Sie verfolgen dabei eine ganzheitliche Strategie. Sie schreiben nicht nur Stellen im Ausland aus, sondern bilden auch vor Ort aus, fördern die Weiterbildung und schaffen attraktive Rahmenbedingungen für ausländische Fachkräfte.
Wie sieht das genau aus? In einem ersten Schritt erhöhen die Einrichtungen ihre Ausbildungskapazitäten, um Menschen direkt im Ausland für ihren eigenen Arbeitsplatz auszubilden. Dabei treten sie in Kontakt mit Bildungseinrichtungen und Institutionen vor Ort. Das erleichtert nicht nur die Zusammenarbeit, sondern nimmt auch Einfluss auf rechtliche Rahmenbedingungen, die die Anerkennung von Qualifikationen erleichtern. Beispielsweise müssen einige Krankenpfleger:innen noch ein vierteljährliches Studium absolvieren, um nach ihrer Ausbildung das gleiche Ausbildungsniveau zu erhalten, das in Deutschland erforderlich ist. Bei der Anerkennung der Ausbildung unterstützen die Einrichtungen die Talente und erleichtern ihnen so den Schritt nach Deutschland.
All dies ist mit höheren Kosten verbunden. Das System rechnet sich, wenn die ausgebildeten Fachkräfte langfristig in Deutschland bleiben.
Internationale Fachkräfte in Deutschland halten
Aktuelle Zahlen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz geben einen positiven Ausblick. Bereits ein Drittel der internationalen Studierenden bleibt in Deutschland. Daran knüpft die Idee an, Fachkräfte direkt für das eigene Unternehmen auszubilden.
Dafür müssen aber auch die Rahmenbedingungen vor Ort stimmen. Nicht zu unterschätzen ist die soziale Komponente. Oft kommen die Arbeitskräfte zunächst allein nach Deutschland. Die Familie zieht - wenn überhaupt - erst im Laufe der Zeit nach. Integrationsprogramme müssen daher über den Arbeitsplatz hinausgehen.
Mögliche Handlungsfelder für die HR sind:
- Mentoring-Programme am Arbeitsplatz
- Bilden von Teams für einen regelmäßigen Austausch
- Fördern der deutschen Sprachfähigkeit durch erweiterte Kursangebote
- Get Together und Teamworking Events nach der Arbeit
- Stadtrundführung und alternative Freizeitangebote zum Kennenlernen des neuen Wohnortes
- Hilfe beim Umzug und Behördengängen
Die Unternehmen müssen sich daher als Partner der internationalen Arbeitskräfte verstehen, und zwar auf sozialer Ebene.
Kulturelle Besonderheiten und wie sie das Recruiting beeinflussen
Toleranz ist das Schlüsselwort im International Recruiting. Um ausländische Fachkräfte in die eigene Unternehmenswelt zu integrieren, müssen sich die Arbeitswelten verändern. Während Spanier:innen an eine Siesta gewöhnt sind, beten Muslim:innen während der Arbeitszeit. Auch Feste fallen auf andere Tage als in Deutschland und der Urlaub wird eher am Stück genommen, um die Familie zu besuchen.
Generell ist die Arbeitseinstellung ausländischer Fachkräfte tendenziell anders als die der Deutschen. Während in der deutschen Kultur eher „gelebt wird, um zu arbeiten“, ist es in anderen Ländern umgekehrt. Sie arbeiten, um zu leben. New Work und der Wunsch nach einer stärkeren Work-Life-Balance führen inzwischen auch in Deutschland zu Veränderungen. Dennoch lassen sich kulturelle Unterschiede nicht leugnen.
Flexible Arbeitsbedingungen wären hier eine erste Möglichkeit, kulturellen Besonderheiten mehr Raum zu geben. Doch auch dies erweist sich in Berufen wie Pflege oder Erziehung als Herausforderung. Der Fachkräftemangel führt schon heute dazu, dass die Mitarbeitenden ihre Arbeitszeiten tendenziell erhöhen müssen. An eine individualisierte Schichtplanung ist hier in Kleinbetrieben nicht zu denken.
Fazit: Die Chancen des International Recruiting
IT-Kräfte, Pflegepersonal, Lehrer:innen und Handwerker: Sie werden in Deutschland am meisten gebraucht. In Zukunft werden sich Engpässe durch alle Berufsgruppen ziehen. Neue Lösungen erfordern neue Perspektiven. Eine davon ist International Recruiting.
Nur durch Globalisierung und Digitalisierung können wir heute auf Fachkräfte aus aller Welt zurückgreifen. Durch die zunehmende Vernetzung bleiben wir weltweit in Kontakt und können so Arbeitsbedingungen schaffen, die den globalen Bedarf decken. Davon profitieren auch andere Länder: Während es zum Beispiel in Italien mehr medizinische Fachkräfte als offene Stellen gibt, brauchen wir in Deutschland so viel Personal wie möglich. Eine Win-Win-Situation. Sie funktioniert aber nur, wenn International Recruiting als strategische Aufgabe verstanden wird und Unternehmen nicht in Konkurrenz zueinander stehen, sondern gemeinsam an zukunftsfähigen Modellen arbeiten.
Weiterleitende Quellen
- IW-Studie Fachkräftemangel - Tagesschau: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/studie-fachkraeftemangel-101.html
- Internationale Fachkräfterekrutierung in der deutschen Pflegebranche: https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/Projekte/28_Einwanderung_und_Vielfalt/Studie_IB_Internationale_Fachkraefterekrutierung_in_der_deutschen_Pflegebranche_2015.pdf
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