Aktuell sind mehr Stellen ausgeschrieben als Bewerbende auf dem Arbeitsmarkt. Anders als in den letzten Jahrzehnten haben Talente so freie Auswahl bei der Jobsuche. Im Wettbewerb um die besten Talente bleibt es nicht aus, dass diese sich inmitten des Recruiting-Prozesses nicht mehr zurückmelden. Die Rede ist von Job Ghosting. Das ist nicht nur zeit-, sondern auch kostenintensiv. Doch viel wichtiger: Die Häufigkeit von Job Ghosting durch Bewerbende steigt. Unternehmen können jedoch gezielt gegensteuern.
Was ist Job Ghosting?
Der Begriff Ghosting steht für einen einseitigen unvorhersehbaren Kontaktbruch. Während früher Ghosting vorwiegend auf Unternehmensseite stattfand, sind es heute auch Bewerbende, die plötzlich untertauchen. Im Februar 2021 veröffentlichte die Jobbörse Indeed eine Studie, deren Hauptaussage die Gegenwärtigkeit von Job Ghosting verdeutlicht: Rund 76 Prozent der befragten Unternehmen in den USA sind während des Recruitingprozesses in den letzten 12 Monaten geghostet worden. Ein seltenes Phänomen ist es somit nicht. Eine weitere Studie von Indeed in Kooperation mit Appinio aus dem Jahr 2022 zeigte, dass 90 Prozent der 400 befragten Personaler:innen in Deutschland Ghosting bereits persönlich erlebt haben und auch die Frequenz des Job Ghostings durch Bewerbende zunimmt. So erleben ein Viertel der Personaler:innen Ghosting auf wöchentlicher Basis, ein Drittel monatlich.
Wann findet Job Ghosting statt?
Um die Ursachen von Job Ghosting zu verstehen, ist der Zeitpunkt des Kontaktabbruchs entscheidend. Die erwähnte Studie von Indeed in Kooperation mit Appinio zeigte, dass die meisten Kandidat:innen Unternehmen noch vor dem ersten Bewerbungsgespräch ghosten; dicht gefolgt vom Ghosting nach dem ersten Bewerbungsgespräch.
Mit sinkender Häufigkeit ghosten Bewerbende Unternehmen jedoch auch an entscheidenden Punkten des Rekrutierungsprozesses: So reagieren sie nicht mehr auf die Jobzusage und einige Kandidat:innen erscheinen nicht zum Arbeitseintritt. Allgemein zeigt sich, dass das Risiko von Ghosting mit Fortlauf des Bewerbungsprozesses sinkt.
Beweggründe für das Ghosting sind laut der zitierten Indeed Studie aus dem Jahr 2021 in absteigender Reihenfolge, dass
- Bewerbende erkannt haben, dass der Job nicht der richtige ist,
- sie bereits eine Jobzusage bei einem anderen Unternehmen erhalten haben,
- die offerierten Gehälter nicht der eigenen Erwartung entsprechen.
Übrigens: Langweilige Corporate Benefits können ebenfalls zu Ghosting führen, denn die Relevanz von Zusatzleistungen steigt.
Für Unternehmen entstehen daraus drei Handlungsfelder:
- Stellenausschreibungen und Prozesse anpassen, sodass die Erwartungshaltung von Talenten noch vor der Bewerbung gemanagt ist
- Rekrutierungsprozesse beschleunigen und effizienter gestalten
- offen für Gehaltsverhandlungen sein und/oder Gehaltsrahmen sowie Zusatzleistungen in Stellenausschreibung angeben
So können Unternehmen Job Ghosting entgegenwirken
Aus dem Job Ghosting resultiert für Unternehmen ein hoher Ressourcenaufwand. Sowohl die Arbeitszeit als auch eingesetzte Gelder für die Bewerbenden sind ineffizient genutzt.
Unternehmen reagieren auf Job Ghosting, indem sie die persönliche Ansprache mit Kandidat:innen frühzeitig beginnen und die Frequenz erhöhen, die Transparenz in Bewerbungsverfahren steigern und schneller rekrutieren. Auch Schadensersatzklauseln finden teilweise Einsatz. Während sie während des Recruitings eher selten vorzufinden sind, stehen sie vermehrt in Arbeitsverträgen. So könnte eine solche Klausel inkludieren, dass der Nichtantritt eine Vertragsstrafe nach sich zieht.
In erster Linie müssen Unternehmen jedoch die eigenen Prozesse hinterfragen. Ist das eigene Unternehmen von Job Ghosting betroffen, gilt es, die Candidate Experience entlang der Journey zu verbessern.
Lösung gegen Job Ghosting: die Candidate Journey noch effizienter gestalten
Job Ghosting ist nur selten auf Desinteresse zurückzuführen. In 60 Prozent der Fälle bleibt es nämlich nicht beim letzten Kontakt und die Talente bewerben sich erneut beim Unternehmen. Zu beachten ist in diesem Zuge, dass die Candidate Journey nach dem Ghosting weitergeht. Ein professioneller Umgang ist hierbei ein Schlüsselfaktor.
Zusammengefasst kann Ghosting durch folgende Anpassungen der Candidate Journey minimiert werden:
- schnelle Reaktions- und Entscheidungswege à Reduktion der Time-to-Hire
- persönliche und individuelle Kommunikation von Beginn an à Employer Branding
- monetäre Vorteile und Corporate Benefits definieren à klare Abgrenzung vom Wettbewerb