Als selbsternannter Missionar erklärt Tobias alias der Karriereguru seinen vielen tausend Followern die Arbeitswelt. Seine persönlichen Tipps zu Bewerbungen, dem Einstieg in die Arbeitswelt und der Überwindung der Generationskonflikte hat er uns im Interview verraten.
Was hat dich dazu veranlasst, der „Karriereguru“ zu werden?
Ich habe das Vergnügen, jeden Tag die Person zu sein, die mir in der Schule, in der Uni und zu Beginn der Berufszeit gefehlt hat und zwar jemand, der Orientierung gibt, Perspektiven aufzeigt und die komplexe Berufs- sowie Arbeitswelt verständlich aufbereitet. Die Schule bereitet einen aus meiner Sicht nur mangelhaft darauf vor, was einen im Berufsleben erwartet. Das führt dazu, dass das Delta zwischen Schule und Arbeitswelt immer weiter wächst: Während die Arbeitswelt dynamischer wird, bleibt die Schule auf dem Stand von vor 200 Jahren stehen.
Meine Aufgabe ist es, dieses Delta zu schließen. Dafür gebe ich tagtäglich alles, indem ich vor die Kamera trete.
Welche Karrieretipps möchtest du jungen Menschen gerne mit auf den Weg geben?
Das Allerwichtigste ist, dass sich junge Menschen loslösen von den äußeren Einflüssen. In der Schule werden wir anhand von Noten vergleichbar gemacht. Wichtig ist jedoch, für sich selbst ein Framework zu entwickeln, welches einem als Kompass dient. Das Fundament für die Karriere sollte so frühzeitig wie möglich vorhanden sein.
Zurzeit optimieren wir uns selbst immer noch auf Gehalt und Berufstitel. Das führt uns zu Rastlosigkeit und dem Verharren im Hamsterrad. Um das zu umgehen, sollte das Fundament aus den eigenen Werten und Überzeugungen bestehen.
Auf TikTok empfiehlst du, dass im Lebenslauf nicht nur Fähigkeiten, sondern auch Ergebnisse aufgezählt werden. Wie lang darf ein Lebenslauf eigentlich sein und wie können auch Schülerinnen und Schüler Ergebnisse im Lebenslauf festhalten?
Der Lebenslauf sollte kein Dokument sein, in welchem alles festgehalten wird. Vielmehr sollen im Lebenslauf die Angaben auf den Punkt formuliert werden, die den höchsten Bezug zu der Stelle haben, auf die man sich bewirbt. Nur das interessiert einen Arbeitgeber und genau das ist die Herausforderung bei der Ausgestaltung dieses Dokuments.
Für knapp ein Jahr habe ich in den USA gelebt und die Amerikaner sind echte Marketing-Genies im Personal Branding. Das können Schülerinnen und Schüler auch. Sie haben sicherlich einmal eine Projektarbeit oder ein Referat zu einem Thema durchgeführt, welches im Lebenslauf mit Stellenbezug kommuniziert werden kann. Ich bin auch ein riesen Fan von kostenlosen Onlinekursen oder Freizeitaktivitäten, die den Lebenslauf anreichern. Aber eben immer mit Bezug zur Stelle
Welche Fehler nimmst du besonders häufig wahr, wenn es um das Schreiben von Bewerbungen geht?
Bewerberinnen und Bewerber schreiben noch immer sehr Ich-zentriert. Es wird jedoch nach einer Problemlösung gesucht. Das ist auch das Ziel eines jeden Personalers. Beim Schreiben von Bewerbungen muss daher ein psychologischer Perspektivwechsel stattfinden.
Der zweite Fehler ist die Reihenfolge, in der wir kommunizieren. Die Deutschen kommunizieren immer, wer sie sind und was sie können. Das ist sehr faktenorientiert. Der amerikanische Ansatz geht über das „Warum?“. Sie zeigen ein prägendes Ereignis im Leben auf, welches dazu führt, dass es quasi ihr Schicksal ist, in diesem Bereich zu arbeiten. Eine solche Motivation ist für einen Arbeitgeber viel wichtiger als Fähigkeiten – gerade in fluktuierenden Zeiten.
Mit dem Einzug der Generation Z in die Arbeitswelt verändert sich auch das Wertebild. Welche Fehler begehen Unternehmen im Umgang mit der Gen Z?
Arbeitgeber verstehen es nicht, stichhaltig zu kommunizieren. Stattdessen wird vergleichbar, über extrinsische Motivatoren kommuniziert. Die Generation Z will aber über Sinnhaftigkeit, Vertrauen, Einzigartigkeit und durch Storytelling berührt werden. Da die HR jedoch oftmals kennzahlenbasiert gemessen wird, agiert sie kurzfristig und nicht mittel- bis langfristig.
Was unterscheidet die Gen Z als Zielgruppe von Millennials und Boomern?
Die Studie „Die Jungen Deutschen“ von Simon Schnetzer hat dieses Jahr bestätigt, dass der Generation Z Vertrauen am wichtigsten ist. Es geht der Gen Z demnach um Augenhöhe, Berechenbarkeit, Förderung von Individualismus und Nahbarkeit. Für mich tendiert die Generation Z zu der Generation X, allerdings ist sie persönlicher. Sie sind karriereorientiert, Sicherheit ist ihnen wichtig und sie wünschen sich eine Trennung zwischen ihrem Berufs- und Privatleben. Gleichzeitig sollen langjährige Kollegen aber auch nicht mit Sie angesprochen werden. Die Generation Z tendiert daher eher zu einem Work-Life-Blending.
Was können Schülerinnen und Schüler tun, um souverän das erste Bewerbungsinterview zu führen?
Kurzfristig hilft es, sich auf uninteressante Stellen zu bewerben. Durch diese Interviews können Bewerberinnen und Bewerber mehr Selbstvertrauen und Routine erlangen und üben.
Weiterhin hilft es, Dinge in Perspektive zu setzen. Was ist das Schlimmste, was passieren kann? Die Welt geht von einem misslungenen Interview nicht unter. In diesem Zuge sollten Bewerberinnen und Bewerber ausgeschriebene Stellen nicht zu stark idealisieren. Es gibt nicht die eine perfekte Stelle. Objektiver an die Situation heranzugehen gelingt, indem sich nicht auf eine Stelle beworben wird, sondern auf zehn am Tag.
Welche drei Trends kannst du schon heute beobachten, die dir zeigen, dass die Generation Z die Arbeitswelt von morgen verändert?
Es gibt weniger Spezialisten und mehr Allrounder. Das liegt sicherlich daran, dass die Generation Z schneller Informationen aufnehmen kann als beispielsweise meine Generation es kann. Die jüngeren Generationen sind da sowas wie Supercomputer.
Wir stehen zudem einer großen Volkskrankheit gegenüber: Ungeduld. Jede Millisekunde entfacht ein Social-Media-Feed in uns Emotionen. Diese Rastlosigkeit und das daraus resultierende Getrieben-Sein ist gefährlich.
Der dritte Trend hängt mit dem Arbeitsmarkt zusammen. Es gibt mehr offene Stellen als Kandidatinnen und Kandidaten. Wenn es Unternehmen nicht verstehen, die Kommunikation über das „Warum?“ zu lösen, wird die Fluktuation meiner Meinung nach weiter steigen.
Du hast einen Wunsch frei: Was würdest du an Bewerbungen zukünftig verändern?
Wir machen gerade eine gefährliche Entwicklung durch. Viele Unternehmen wollen keine Anschreiben mehr. Das führt aber dazu, dass Bewerberinnen und Bewerber anhand der Lebensläufe verglichen werden. Bei einem solch zahlenbasierten Recruiting steigt die Fluktuationsquote immer weiter an. So wird langfristig kein Wert geschaffen und es gibt keine Übereinstimmungen hinsichtlich der Unternehmenskultur. Mein Wunsch wäre, dass sich auf die Story und die Motivation der Bewerberinnen und Bewerber konzentriert wird.
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