- Wie steht es um Homeoffice in Deutschland? Der aktuelle Trend
- Recht auf Homeoffice: Wie ist die Lage?
- Homeoffice im Arbeitsvertrag definiert: Welchen Handlungsspielraum haben Arbeitgeber?
- Was für eine Homeoffice-Regelung spricht
- Mobile-Arbeit-Gesetz: Wie es klare Arbeitsplatzregelungen schafft
- Fazit: Recht auf Homeoffice ist nicht erzwingbar, aber betrieblich erstrebenswert
- Weiterführende Quellen
Recht auf Homeoffice
Mehr und mehr Arbeitgeber bitten jetzt ihre Angestellten wieder zurück ins Büro – entweder ganz oder teilweise. Mitarbeitende reagieren auf diese Forderung nicht immer wohlgesonnen. Unmittelbar ploppen die Fragen auf: Habe ich ein Recht auf Homeoffice? Und falls nicht: Ist dieser Arbeitgeber für mich noch die richtige Wahl, wenn ich wieder ins Büro zurückkehren muss… oder gibt es einen anderen Arbeitgeber, der mir die Flexibilität bietet, die mir gerade entzogen wird? Ein Blick auf den Arbeitsmarkt.
Wie steht es um Homeoffice in Deutschland? Der aktuelle Trend
Seit der Pandemie und dem einhergehenden Wandel zu flexibleren Arbeitszeit- und Arbeitsortmodellen ist mittlerweile Zeit vergangen. Zeit, in der Homeoffice sich zum etablierten Standard in Deutschland entwickelt hat.
Wer arbeitet im Homeoffice?
Homeoffice ist jenen Berufsgruppen vorbehalten, die überwiegend am Schreibtisch arbeiten. Prinzipiell sind 40 Prozent der Arbeitsplätze Homeoffice-geeignet. Doch nur knapp ein Viertel der deutschen Erwerbstätigen üben ihren Job zumindest gelegentlich im Homeoffice aus, darunter auch Selbstständige.
Das Statistische Bundesamt zählt 2022 50,6 Prozent der Wissenschaftler:innen und 42,2 Prozent der Führungskräfte zu jenen Berufsgruppen, die am häufigsten in den Genuss des Arbeitens von zu Hause aus kommen. Fortfolgend sind es Erwerbstätige wie Techniker:innen (27,2 %), Bürokräfte (27,2 %) sowie Personen in Dienstleistungsberufen (5,6 %), die ebenfalls die Vorzüge des Homeoffices nutzen.
Wie ist die Stimmung zum Thema Homeoffice?
Mitarbeitende haben sich an die Arbeit aus dem Homeoffice gewöhnt. So sehr, dass sie ihre gewonnenen Privilegien nicht mehr verlieren möchten. Die Studie „State of Hybrid Work 2023“ zeigt die Ausmaße:
- 61 Prozent der Befragten wünschen sich ein Recht auf Homeoffice.
- 39 Prozent der Befragten würden 10 Prozent ihres Gehaltes gegen flexiblere Arbeitszeiten eintauschen.
- Jede zweite befragte Person würde für Freiheiten ein geringeres Gehalt in Kauf nehmen.
Trotzdem bleiben die deutschen Erwerbstätigen bescheiden. Selten wünschen sie sich überwiegend Homeoffice. Die im Mai 2024 veröffentlichte Konstanzer-Homeoffice-Studie zeigt klar: Deutschen Erwerbstätigen reichen 2,64 Tage pro Woche mobile Arbeit aus. Plus: Sie bevorzugen hybrides Arbeiten.
Nicht überraschend fordern vor allem Führungskräfte die Präsenzpflicht mehr und mehr ein. Ein Drittel der Führungskräfte aus der Studie empfinden eine mögliche Präsenzpflicht als wünschenswert. 43 Prozent der Befragten stimmen beispielsweise der Aussage zu, dass „durch Homeoffice und mobiles Arbeiten die Kommunikation im Team leidet“. Allgemein soll die Produktivität aus ihrer Sicht im Büro steigen. Forschende der Katz Graduate School of Business an der Universität Pittsburgh begründen diesen Wunsch hingegen mit dem eigentlichen Ziel der Führungskräfte, die „Kontrolle über Mitarbeitende“ zurückerlangen.
Das Ende vom Homeoffice?
Die gute Nachricht für Erwerbstätige: Einen richtigen Trend zurück zur Präsenzpflicht gibt es in Deutschland aktuell nicht. In der Konstanzer-Homeoffice-Studie gaben nur 22 Prozent der Teilnehmenden an, dass bei ihnen eine verstärkte Präsenzpflicht eingeführt wurde.
Unabhängig davon sind Konzerne dem Homeoffice offener gegenübergestellt als kleine bis mittelständische Unternehmen in Deutschland. Gemäß Ifo-Institut bieten 31,1 Prozent der Konzerne und 20,5 Prozent der KMUs ihren Mitarbeitenden überhaupt Homeoffice an.
Recht auf Homeoffice: Wie ist die Lage?
Am Arbeitsmarkt ist Homeoffice ein noch so neues Phänomen, dass das Arbeitsrecht hierzu noch keine grundlegenden Bestimmungen vorsieht. Die durch den digitalen Wandel ermöglichte und pandemiebedingt beschleunigte Arbeitsortregelung ist demnach gesetzlich noch nicht definiert. Das bedeutet zugleich: Ob Unternehmen Homeoffice anbieten und wie sie Homeoffice-Regelungen gestalten, obliegt einzig und allein der Entscheidung des Arbeitgebers.
Kein allgemeines Recht auf Homeoffice
In Deutschland gibt es kein allgemeines Recht auf Homeoffice. Dies galt einzig und allein während der Pandemiezeit. In dieser Zeit wurden Arbeitgeber teilweise verpflichtet, ihre Mitarbeitenden von zu Hause aus arbeiten zu lassen. Dies schrieb § 28 Abs 4. IfsG (Infektionsschutzgesetz) vor. So mussten Betriebe ihre Mitarbeitenden ins Homeoffice schicken, wenn sie ihre oder eine vergleichbare Tätigkeit von dort aus ausüben können und keine zwingenden betriebsbedingten Gründe dagegensprechen. Diese Regelungen wurden 2022 – also nach Ende der Pandemie – wieder aufgehoben. Seither gibt es auch keine Rechtsgrundlage mehr, die Arbeitgeber zur Homeoffice-Pflicht zwingt. Andersherum gibt es auch keine Regelung, die es erlaubt, Mitarbeitende ins Homeoffice zu zwingen.
Ausnahmeregelungen für den öffentlichen Dienst
Eine Ausnahmeregelung gib es für den öffentlichen Dienst. Sie verpflichtet Unternehmen nur in besonderen Fällen, ihre Angestellten ins Homeoffice zu schicken. Die Rechtsgrundlage bildet § 16 Abs. 1 S. 2 BGleiG (Bundesgleichstellungsgesetz). Es verpflichtet den Dienstherrn, einen Telearbeitsplatz bereitzustellen, sofern der Beschäftigte Familien- oder Pflegeaufgaben nachkommen muss. Zwar kann der Arbeitgeber den Antrag auf Homeoffice ablehnen, allerdings nicht ohne Begründung.
Zusatzvereinbarungen durch Gewerkschaften und Betriebsrat
Allgemeine Ansprüche auf Homeoffice könnten sich aus Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen ergeben. Sie bestimmen in der Regel Rahmenbedingungen, wie Homeoffice gestaltet und geregelt sein würde. Arbeitgebern steht es frei, diese Rahmenbedingungen mit eigenen Bestimmungen zu ergänzen.
Allerdings gilt auch hier: Diese Rahmenbedingungen greifen nur, wenn Unternehmen sich für eine Homeoffice-Regelung entscheidet. Die Rahmenbedingungen selbst verpflichten Arbeitgeber nicht dazu, Homeoffice als Arbeitsmodell nachzukommen.
Homeoffice im Arbeitsvertrag definiert: Welchen Handlungsspielraum haben Arbeitgeber?
Vermeintliche Sicherheit gewinnen Arbeitnehmende, wenn Homeoffice-Regelungen direkt im Arbeitsvertrag oder in einer Zusatzvereinbarung definiert sind. Der Umfang ist dabei ganz unterschiedlich. In manchen Arbeitsverträgen ist nur die grundsätzliche Möglichkeit des Homeoffices festgeschrieben, andere definieren Ort, Zeit und Konditionen genauestens. Eine Verpflichtung, Homeoffice-Regelungen in den Arbeitsvertrag aufzunehmen, gibt es nicht. Sinnvoll ist es dennoch, um das Arbeitsverhältnis klar zu regeln.
Die Rolle des Direktionsrechts
Für das Recht auf Homeoffice bringt aber auch eine Homeoffice-Klausel im Arbeitsvertrag nichts. Arbeitgeber besitzen das Direktionsrecht. Sie dürfen also entscheiden, wo Arbeitnehmende ihre Tätigkeit ausüben. Ist das Zuhause als klarer Arbeitsort im Arbeitsvertrag nicht definiert, dürfen Arbeitgeber jederzeit die gültigen Bestimmungen zum Homeoffice einseitig „nach billigem Ermessen“ aufheben.
Das entspräche jedoch einer nach § 99 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) Versetzung. Folglich muss der Betriebsrat dieser einseitigen Entscheidung zustimmen.
Fraglich ist weiterhin, inwieweit Arbeitnehmende hier von einem Gewohnheitsrecht Gebrauch machen dürfen und wie sich persönliche Lebenssituationen auf den Homeoffice-Anspruch auswirken. Rechtlich ist es so, dass Arbeitgeber beim Direktionsrecht auch persönliche Belange berücksichtigen müssen, so § 95 Abs. 3 S. 1 BetrVG. Arbeitnehmende, die nächste Angehörige häuslich pflegen oder durch eine Erkrankung oder Behinderung beeinträchtigt sind oder einfach sehr lange schon im Homeoffice arbeiten, haben Anspruch auf eine Ankündigungsfrist.
Das bedeutet: Unternehmen dürfen sie nicht von heute auf morgen von den Homeoffice-Privilegien entbinden, jedoch mit angemessener Vorlaufzeit.
Wann eine Aufhebung unzulässig ist
Es gibt nur zwei Szenarien, in denen es unzulässig ist, bestehende Regelungen aufzuheben:
- Homeoffice ist als fester Arbeitsort vertraglich fest vereinbart, zum Beispiel wenn der Arbeitnehmende die gesamte Tätigkeit im Homeoffice ausübt.
- Aus den an Homeoffice geknüpften Bestimmungen geht hervor, dass die Aufhebung unzulässig ist.
In diesem Fall können sich Arbeitnehmende der Bitte, ins Büro zurückzukehren widersetzen. Unternehmen können wiederum einen Widerspruch einlegen. Allerdings muss dieser die Gründe für den Widerspruch schriftlich konkretisieren. Gründe könnten beispielsweise unzureichende Datenschutzbestimmungen oder Arbeitsschutzstandards im Homeoffice sein.
Was für eine Homeoffice-Regelung spricht
Dass Arbeitgeber wirklich Homeoffice-Zeiten kürzen oder die Regelungen vollständig aufheben, ist arbeitsmarktpolitisch aktuell kein Trend. Zu stark stehen die Vorteile der Flexibilität im Fokus.
Studien zufolge lassen sich kaum Vorteile von Homeoffice hinsichtlich der Wertschöpfung eines Unternehmens feststellen. Umso klarer sind Studienergebnisse hinsichtlich der negativen Folgen, die aus einer erneuten Präsenzpflicht resultieren würden. Die Forschenden der Katz Graduate School of Business sehen in ihren Ergebnissen, dass sich die Präsenzpflicht in einer sinkenden Mitarbeiterzufriedenheit ausschlagen würde. Dies deckt sich mit den Antworten von Erwerbstätigen, die im Zuge der Präsenzpflicht ihren Arbeitgeber wechseln würden. Gemäß einer Deloitte Umfrage aus 2023 würden 66 Prozent der Befragten kündigen, wenn ihr Arbeitgeber sie wieder fünf 5 Tage pro Woche ins Büro zwingen würde. Die FAZ spricht diesbezüglich von einer drohenden Kündigungswelle.
Tatsächlich haben Unternehmen kaum Grund, ihre Angestellten vollständig zurück ins Büro zu holen:
- Mitarbeitende schätzen ihre Produktivität im Homeoffice höher als in Präsenz ein.
- Mitarbeitende sind im Homeoffice weniger erschöpft als im Büro.
Plus: Verglichen mit den Studienergebnissen der Konstanzer-Homeoffice-Studie aus 2022, wünschen sich die Arbeitnehmenden heute sogar weniger Homeofficetage. Heute sind Mitarbeitende durchschnittlich mit zwei Tagen Homeoffice die Woche zufrieden, 2022 wünschten sie sich noch 3,4 Tage.
So unterschiedlich sind die Wünsche von Führungskräften und Mitarbeitenden also gar nicht. Unternehmen partizipieren auch wirtschaftlich davon, dass einige Mitarbeitende wöchentlich immer mal wieder oder sogar vollständig im Homeoffice arbeiten. Mit der gestiegenen Mitarbeiterzufriedenheit gehen verringerte Ausfallzeiten einher. Auch hat sich Homeoffice mittlerweile so als „normal“ entwickelt, dass Mitarbeitende es nicht mehr als Corporate Benefit, sondern Grundvoraussetzung für ein Arbeitsverhältnis ansehen. Unternehmen ohne Homeoffice-Möglichkeit verlieren also auch an Reputation.
Im Rahmen der Entwicklung von Homeoffice haben sich viele Unternehmen zudem entschieden, ihre Büros zu verkleinern. Sie gehen gar nicht mehr davon aus, dass alle Mitarbeitenden täglich ins Büro kommen. Das spart hohe Fixkosten. Gleichzeitig stehen höhere Budgets für operative Geschäfte zur Verfügung, die früher in Immobilien und angegliederte Kosten geflossen sind.
Mobile-Arbeit-Gesetz: Wie es klare Arbeitsplatzregelungen schafft
Um einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, gibt es seit 2020 einen Referenzentwurf der Bundesregierung. Er soll die rechtlichen Rahmenbedingungen für mobiles Arbeiten schaffen.
Unter anderem beinhaltet der Referenzentwurf Gestaltungsräume für tarifliche und betriebliche Vereinbarungen. Gleichzeitig wären Arbeitgeber verpflichtet, Möglichkeiten des Homeoffices mit Arbeitnehmenden zu erörtern. So sieht das Gesetz vor, dass Angestellte einen Antrag auf Homeoffice stellen können. Möchten Arbeitgeber dem nicht nachkommen, haben sie drei Monate Zeit, um diesen abzulehnen. Das muss in schriftlicher Form inklusive Begründung stattfinden. Sollten sie die Frist versäumen, hat der Arbeitnehmende automatisch mindestens sechs Monate das Recht, Homeoffice-Zeiten zu erhalten. Lehnen sie den Antrag hingegen fristgemäß ab, darf der Mitarbeitende erst nach vier Monaten erneut einen Antrag stellen.
Ob der Referenzentwurf irgendwann gesetzlich umgesetzt wird, ist bislang nicht klar. Für die letzte Version des Entwurfs hagelte es von Regierungsseite noch viel Kritik. Fakt ist aber: Homeoffice ist und bleibt Teil des modernen Arbeitslebens.
Fazit: Recht auf Homeoffice ist nicht erzwingbar, aber betrieblich erstrebenswert
Ein Recht auf Homeoffice haben Mitarbeitende arbeitsrechtlich nicht. Jedem Unternehmen ist es selbst überlassen, wie es Arbeitszeit und Arbeitsort der eigenen Beschäftigten regelt und ob Homeoffice Teil dieser Regelungen ist. Auch ein einmal erteiltes Homeoffice ist keine Sicherheit dafür, sich auch zukünftig auf die Homeoffice-Tage zu berufen. Unternehmen können in den meisten Fällen zu jeder Zeit geltende Homeoffice-Regelungen wieder beenden – „nach billigem Ermessen“ und ggf. mit angemessener Vorlaufzeit. Nur wenige Arbeitsregelungen sorgen dafür, dass ein Arbeitgeber eine geltende Homeoffice-Regelung nicht beenden darf.
Für die meisten Beschäftigten gilt demnach: Ob sie ins Homeoffice dürfen oder nicht, bleibt Ermessenssache des Arbeitgebers. So schützen auch zwei Jahre Homeoffice nicht vor einer Präsenzpflicht, wenn Unternehmen diese wünschen. Das dies passiert, ist Trends nach zu urteilen bei Arbeitgebern zurzeit nicht in Sicht. Gut überlegt sollte es jedenfalls sein, da die Abwanderungsraten aus dem Unternehmen eine große Fachkräftelücke hinterlassen könnte.
Weiterführende Quellen
- Arbeitskrafterhebung - destatis (Statistisches Bundesamt): Erwerbstätige, die von zu Hause aus arbeiten - Statistisches Bundesamt (destatis.de)
- Konstanzer Homeoffice Studie: Konstanzer Homeoffice Studie | Future of Work Lab Konstanz | Arbeitsgruppen | Fachbereich Politik- und Verwaltungswissenschaft (uni-konstanz.de)
- State of Hybrid Work 2023: https://www.zfk.de/karriere/40-prozent-der-arbeitnehmer-wuerden-bei-homeoffice-verbot-kuendigen
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