- Geltungsrahmen des Mitbestimmungsgesetzes: Definition und Bedeutung
- Entstehungsgeschichte
- Wann gilt welches Recht der Mitbestimmung?
- Inhalte des Mitbestimmungsgesetzes
- Anwendungsfelder des Mitbestimmungsgesetzes anhand relevanter Organe
- Diese Vorteile ergeben sich auf dem Mitbestimmungsgesetz
- Fazit: Entscheidungsbefugnisse für faire Arbeitsbedingungen
- Weiterführende Links
Mitbestimmungsgesetz
Ab einer bestimmten Unternehmensgröße ist die Mitbestimmung der Mitarbeitenden gesetzlich geregelt. In Deutschland bildet das Mitbestimmungsgesetz dafür den rechtlichen Rahmen. Es gilt als wichtiges Instrument zur Förderung der Mitbestimmung. So können faire Arbeitsbedingungen im Unternehmen geschaffen werden.
Geltungsrahmen des Mitbestimmungsgesetzes: Definition und Bedeutung
Das Mitbestimmungsgesetz, kurz MitbestG, stammt aus dem Jahr 1976 und dient der Beteiligung der Arbeitnehmenden an unternehmerischen Entscheidungen, die ihren Arbeitsplatz betreffen. So kann Einfluss auf Entscheidungen genommen werden, die die Sicherheit des Arbeitsplatzes, die Entlohnung oder die Arbeitsbedingungen betreffen. Dies erfolgt über eine Interessenvertretung in Form von Gewerkschaften, Aufsichtsräten, Arbeitsdirektor:innen oder Vertreter:innen.
Nach § 1 MitbestG besteht das Mitbestimmungsrecht in Unternehmen mit mehr als 2000 Mitarbeitenden, die die Rechtsform einer Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung haben. Die sich aus dem Gesetz ergebenden Pflichten gelten auch für Konzerne. Vom Mitbestimmungsgesetz befreit sind nach § 118 Betriebsverfassungsgesetz unter anderem Unternehmen, die überwiegend politischen, konfessionellen, erzieherischen oder wissenschaftlichen Zwecken dienen. Auch koalitionspolitische, künstlerische und karitative Einrichtungen sowie die Montanindustrie sind vom Mitbestimmungsgesetz befreit.
Entstehungsgeschichte
Die heutigen Möglichkeiten der betrieblichen Mitbestimmung gehen auf die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland zurück. Eines der vorrangigen Ziele von Gewerkschaften wie dem DGB war es damals, betriebliche Vertreter für die Mitarbeitenden in Industrie und Unternehmen zu etablieren. In diesem Zusammenhang wurde die paritätische Besetzung von Aufsichtsräten gefordert. Mit dem Montanmitbestimmungsgesetz von 1951 wurde der Grundstein für die Mitbestimmung gelegt. Ein:e Arbeitsdirektor:in ist fortan Teil des Vorstandes für die Interessenvertretung der Arbeitnehmenden. Der Geltungsbereich beschränkte sich auf Unternehmen der Eisen- und Stahlindustrie sowie des Bergbaus.
1952 folgte das Betriebsverfassungsgesetz, das die Mitbestimmungsrechte modifizierte. Im Jahr 2004 wurde weiterführend das Drittelbeteiligungsgesetz verabschiedet. 1976 folgte das Mitbestimmungsgesetz. Alle vier Gesetze sind bis heute in Kraft und enthalten Ausschlusskriterien, ergänzende gesetzliche Regelungen und Sonderregelungen.
Wann gilt welches Recht der Mitbestimmung?
Montan-Mitbestimmungsgesetz: Enthält Sonderregelungen für die Montanindustrie. In Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten sind ein Drittel, in Unternehmen mit mehr als 2000 Beschäftigten die Hälfte der Aufsichtsratsmitglieder Arbeitnehmende.
Betriebsverfassungsrecht für die private Wirtschaft: Bestellung eines Betriebsrats für Fragen der betrieblichen Mitbestimmung (zum Beispiel Sozial- und Personalfragen).
Personalvertretungsgesetz für den öffentlichen Dienst: Bestellung eines Personalrats für Fragen der betrieblichen Mitbestimmung (zum Beispiel Sozial- und Personalfragen).
Drittelbeteiligungsgesetz: Unternehmen mit 500 bis 2000 Mitarbeitenden müssen ein Drittel der Sitze im Aufsichtsrat mit Arbeitnehmervertretenden besetzen.
Mitbestimmungsgesetz: In Unternehmen ab 2000 Mitarbeitenden müssen die Sitze im Aufsichtsrat proportional vergeben werden.
Inhalte des Mitbestimmungsgesetzes
Gesetze wie das Arbeitsrecht und das Mitbestimmungsrecht zielen darauf ab, betriebliche Entscheidungen an den Interessen der Arbeitnehmenden auszurichten. Dadurch sollen Chancengleichheit und Gerechtigkeit am Arbeitsplatz gewährleistet werden. Das Mitbestimmungsgesetz soll dabei zumindest die sozialen Belange im Betrieb mit den Interessen der Arbeitnehmenden in Einklang bringen.
Die Mitbestimmung erfolgt entweder direkt über die Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband, über Gewerkschaften und Verbände oder über Räte und Gremien in den Betrieben. Die Verpflichtungen der Unternehmen aus dem Mitbestimmungsgesetz beziehen sich weniger auf einzelne Fragen und Inhalte der Mitbestimmung. Vielmehr geht es darum, verbindliche Möglichkeiten zu schaffen. Dies geschieht durch die Einrichtung von Organen wie dem Aufsichtsrat.
Das MitbestG legt folgende Rahmenbedingungen für die Unternehmensmitbestimmung fest:
- Die Arbeitnehmervertreter:innen haben im Aufsichtsrat die gleichen Rechte und Pflichten wie die übrigen Mitglieder und sind mitbestimmungsberechtigt.
- Der Wirtschaftsausschuss hat Informations- und Beratungsrechte in wirtschaftlichen Angelegenheiten.
- Der Betriebsrat bzw. Personalrat hat Mitbestimmungsrechte bei personellen, sozialen und organisatorischen Entscheidungen.
- Die Arbeitnehmende haben das Recht, bei Umstrukturierungen (z.B. Outsourcing, Personalabbau, Fusion) mit dem Unternehmen einen Sozialplan auszuhandeln.
Anwendungsfelder des Mitbestimmungsgesetzes anhand relevanter Organe
Nicht jede Form der Mitbestimmung ist in jedem Unternehmen anwendbar. Im Folgenden finden Sie einen Überblick über die Organe und Interessenvertretungen sowie Informationen über deren Einfluss auf die Mitbestimmung der Mitarbeitenden.
Die Rolle des Aufsichtsrates
Unternehmen, die unter § 1 MitbestG fallen, sind verpflichtet einen Aufsichtsrat zu bilden, soweit sich nicht schon aus anderen Gesetzen eine Pflicht zur Bildung eines Aufsichtsrats ergibt. Für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder gilt nach dem Mitbestimmungsgesetz das Paritätsprinzip. Das bedeutet, dass sich der Aufsichtsrat - sofern keine anderen Gesetze greifen - im gleichen Verhältnis aus Arbeitnehmervertreter:innen und Vertreter:innen der Anteilseigner zusammensetzt. Je nach Unternehmen werden die Arbeitnehmervertreter:innen direkt oder über Interessenvertretungen gewählt. Die Wahl erfolgt nach den gesetzlichen Grundsätzen der geheimen Wahl. Die Vertreter:innen der Anteilseigner:innen werden hingegen durch die Aktionäre oder über die Hauptversammlung bestellt. Wie viele Personen tatsächlich zu bestellen sind, ist in § 7 Abs. 1 und 2 MitbestG geregelt.
Über die gewählten Vertreter:innen erhalten die Arbeitnehmenden das Recht auf Mitbestimmung. Zu den Aufgaben des Aufsichtsrats gehört zudem die Überwachung und Beratung der Geschäftsführung. Darüber hinaus hat der Aufsichtsrat Mitbestimmungsrechte bei Entscheidungen zur Unternehmensplanung oder beispielsweise bei der Abberufung von Vorstandsmitgliedern. Um die Entscheidungen im Sinne der Arbeitnehmenden zu beeinflussen, besitzen die Arbeitnehmervertreter:innen volle Informationsrechte. Soweit es für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, ist der Vorstand zur vollständigen Informationsauskunft verpflichtet. Transparenz ist auch gegenüber den Angestellten gewährleistet. Berichtspflichten stellen sicher, dass der Vorstand die Mitarbeitenden regelmäßig über die Ergebnisse informiert und Auskunft gibt.
Die Bedeutung des Betriebsrates
Der Betriebsrat (freie Wirtschaft) bzw. Personalrat (öffentlicher Dienst) ist eine gewählte Instanz der betrieblichen Interessenvertretung. Durch das Mitbestimmungsgesetz erhält er zusätzliche Mitwirkungsrechte bei unternehmerischen Entscheidungen. Je nach Unternehmen können Betriebsrat und Aufsichtsrat nebeneinander bestehen. Während der Aufsichtsrat in erster Linie als Kontrollorgan fungiert, ist der Betriebsrat die Interessenvertretung der Belegschaft.
Der Betriebsrat selbst setzt sich aus gewählten Vertreter:innen der Arbeitnehmenden zusammen. So verfügtdDer Betriebsrat über umfassende Informationsrechte und hat auch die Aufgabe, Angestellte über seine Tätigkeit zu informieren und gegebenenfalls Auskunft zu erteilen.
Der wichtigste Unterschied zwischen Aufsichtsrat und Betriebsrat ist das Mitbestimmungsrecht. Während der Aufsichtsrat als Kontrollorgan ein Mitbestimmungsrecht hat, tritt der Betriebsrat gegenüber der Geschäftsleitung vorschlagend auf. Nach § 87 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz hat der Betriebsrat Mitbestimmungsrechte in Fragen des Verhaltens der Mitarbeitenden und in sozialen Angelegenheiten. Er gilt somit als Stimme der Belegschaft, hat aber kein umfassendes Mitbestimmungsrecht. Die Unternehmensleitung muss den Betriebsrat lediglich über wirtschaftliche und strategische Entscheidungen informieren. In der Praxis ist der Einfluss des Betriebsrats jedoch durchaus hoch, so dass die Wünsche der Angestellten auch Gehör finden.
Mitbestimmung über Interessensvertretungen
Erweiterte Formen der Vertretung von Mitarbeitenden finden sich sowohl intern als auch extern. Während die Branchen- und Regionalgewerkschaften die Interessen der tariflich Beschäftigten umfassend vertreten, können auch innerbetriebliche Interessenvertretungen für ausgewählte Personengruppen bestellt werden. Beispiele hierfür sind Vertreter:innen für Schwerbehinderte, Jugendliche oder Auszubildende. Grundvoraussetzung für die Bestellung einer solchen Vertretung ist, dass mindestens fünf ständige Personen des Unternehmens der jeweiligen Interessengruppe angehören.
Diese Vorteile ergeben sich auf dem Mitbestimmungsgesetz
Das Mitbestimmungsgesetz von 1976 hat die Art und Weise revolutioniert, wie die Geschäftsleitung Entscheidungen mit den Mitarbeitenden abstimmen muss. Davon profitieren sowohl die Unternehmen als auch Arbeitnehmende.
So unterstützt das Mitbestimmungsgesetz ein Unternehmen wie folgt:
- Mit zunehmendem Einfluss auf Entscheidungen steigt auch die Loyalität der Mitarbeitenden gegenüber dem Unternehmen.
- Arbeitsumfelder mit hohen Mitbestimmungsrechten gelten als wertschätzend, vertrauensvoll und motivierend.
- Mitbestimmungsrechte zahlen auf das Employer Branding einer Arbeitgebermarke ein. Das Unternehmen positioniert sich damit als sozial verantwortliches Unternehmen gegenüber den eigenen Mitarbeitenden und den Nachwuchskräften.
Nachteile für die Unternehmen könnten sich aus dem erhöhten bürokratischen Aufwand ergeben. Je mehr Interessengruppen an Entscheidungen beteiligt sind, desto länger dauern die Prozesse. Mehr Instanzen bedeuten aber auch mehr Sicherheit für die Anliegen der Mitarbeitenden.
Denn das Mitbestimmungsgesetz bietet den Arbeitnehmenden folgende Vorteile:
- Mitbestimmungsrechte schützen vor einseitigen Entscheidungen, die sich negativ auf die sozialen oder monetären Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit auswirken.
- Gemeinsame Entscheidungen stärken das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Kommunikation auf Augenhöhe.
- Entscheidungsbefugnisse motivieren und erhöhen die Identifikation mit Unternehmensentscheidungen.
Der eigentliche Grund für die Schaffung des Mitbestimmungsgesetzes ist jedoch der größte Vorteil: Es sichert faire und zufriedenstellende Arbeitsbedingungen durch das Instrument der Partizipation.
Fazit: Entscheidungsbefugnisse für faire Arbeitsbedingungen
Insgesamt fördert das Mitbestimmungsgesetz die Demokratisierung der Arbeitswelten in Deutschland. Durch die Beteiligung der Mitarbeitenden an betrieblichen Entscheidungen können Arbeitswelten so gestaltet werden, dass sie wertschätzend, offen und gerecht sind. Mitbestimmung fördert zudem Innovationen und schafft größere Chancen für gemeinsames Wachstum.
Weiterführende Links
- Kluge Seminare: Betriebsrat - Mitbestimmungsrechte & Mitbestimmung: https://kluge-seminare.de/br-portal/wissen/allgemeines/betriebsrat-mitbestimmungsrechte/
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