Arbeitgeber, die nach neuen Mitarbeitern suchen, sollten sich mit dem Thema „Zielgruppenanalyse“ auseinandersetzen. Diese zielt darauf ab, potenzielle Talente zunächst so gut wie möglich kennenzulernen und dann passgenau anzusprechen. Hier können sich Unternehmen manches vom Produktmarketing abschauen.
Warum die Zielgruppenanalyse im Personalmarketing an Bedeutung gewinnt
Der 17-jährige Azubi interessiert sich bei der Lektüre einer Stellenanzeige weniger dafür, ob ein Arbeitgeber seine Mitarbeiter durch Kinderbetreuungsmöglichkeiten bei der Verbesserung ihrer Work Life Balance unterstützt. Er will aus einem Jobinserat eher herauslesen, ob das Unternehmen eine kostengünstige Kooperation mit einem Fitnessstudio unterhält, ob es ausreichend Weiterbildungsmöglichkeiten für ihn gibt und ob die IT-Ausstattung auf dem neuesten Stand ist.
Bei der Mittdreißigerin, die sich nach der Elternzeit auf einen neuen Job bewirbt, stehen dagegen gerade die Information über den Betriebskindergarten, Home-Office und flexible Arbeitszeiten bei der Jobsuche ganz oben auf der Agenda.
Verschiedene Zielgruppen benötigen unterschiedliche Informationen
Diese Beispiele zeigen: Je nachdem, zu welcher Zielgruppe ein Talent gehört, braucht es unterschiedliche Informationen, damit es im Personalbeschaffungsprozess auf den Bewerben-Button drückt. Der Azubi und die frisch gebackene Mutter lassen sich also nicht mit ein- und derselben Stellenanzeige abholen, bei der nur eben schnell mal der Jobtitel ausgetauscht wurde.
Das ist im Recruiting noch nicht allzu lange der Fall. Doch seitdem sich der Arbeitsmarkt seit ein paar Jahren vom Arbeitgeber- zum Bewerbermarkt verschiebt, stehen die Vorzeichen in der Personalbeschaffung anders. Heute müssen Arbeitgeber für sich werben, nicht mehr die Talente. Und das klappt umso besser, je genauer ein Unternehmen seine Kandidaten kennt. Denn dann kann eine Recruiting-Kampagne passgenau zugeschnitten werden und erzeugt mehr Aufmerksamkeit. Voraussetzung dafür ist eine Zielgruppenanalyse.
Vertiefte Erfahrungen mit dem Thema hat das Produktmarketing, wo es seit jeher darum geht, die Mehrwerte eines Produkts oder eines Service der jeweiligen Zielgruppe mit möglichst passgenauen Argumenten zu verkaufen. Hier können sich HR-Abteilungen vieles abschauen.
Was ist eine Zielgruppe? Eine Definition.
Aber der Reihe nach. Zunächst einmal zum Begriff der Zielgruppe. Dabei handelt es sich um eine Gruppe von Menschen, die ähnliche Bedürfnisse oder Wünsche haben. Zielgruppen werden in der Regel anhand verschiedener soziodemografischer Merkmale beschrieben.
Bei potenziellen Arbeitnehmern spielen zum Beispiel diese Faktoren eine Rolle:
- Alter
- Art der Ausbildung
- Familienstand
- Einkommen
- Bisherige Erfahrungen
- Bedürfnisse rund um die eigene Work Life Balance
- Berufsgruppe
- Religion
- Nationalität
Von Zielgruppe zu Zielgruppe können sich nicht nur die Informationsbedürfnisse erheblich voneinander unterscheiden. Auch die Art und Weise, wie sich die verschiedenen Zielgruppen informieren, kann stark voneinander abweichen.
So sind beispielsweise im Recruiting Kandidaten der Generation 50plus besser über eine klassische Printanzeige abzuholen als über die Sozialen Medien, wohingegen die Vertreter der Generatoin Y diametral entgegengesetzt „ticken“.
Die Vorgehensweise
Ergo: Unternehmen müssen nicht nur die Vorlieben der einzelnen Zielgruppen genau kennen, sondern auch ihre Mediennutzungsgewohnheiten. Ansonsten kommunizieren sie im Zweifel an ihnen vorbei.
Doch wie geht man bei der Zielgruppenanalyse am besten vor? Zunächst einmal müssen Unternehmen ihre Zielgruppen definieren. Dazu beschäftigen sie sich ausführlich mit dem Produkt und den Menschen, die es kaufen sollen oder der ausgeschriebenen Stelle und dem perfekten Kandidaten für diese.
Wichtige Leitfragen im Recruiting zur Findung der Zielgruppe können sein:
- Welche Bedingungen oder Voraussetzungen sind für das zu erreichende Alter und oder Geschlecht relevant?
- Welche Gründe oder Anreize geben den entscheidenden Ausschlag zur Bewerbung?
- Welche Faktoren setzt die Zielgruppe als grundlegende Leistungen eines Arbeitgebers voraus?
- Welche Faktoren erzeugen zusätzlichen Gefallen?
- Welche zusätzlichen Faktoren lösen bei der Zielgruppe Begeisterung aus?
- Welche Medien bevorzugt die Zielgruppe?
Wichtige Leitfragen im Produktmarketing zur Findung der Zielgruppe können sein:
- Handelt es sich um Privatpersonen oder um Unternehmer?
- Spielt das Alter und das Geschlecht des Kunden eine Rolle?
- Sind Haushaltsgröße und Einkommen für den Kauf eines Produktes entscheidend?
- Stellt das Produkt für die Zielgruppe eher einen Luxusartikel oder einen normalen Gebrauchsgegenstand dar?
- Welche Medien bevorzugt die Zielgruppe?
Die Umsetzung
Wie erfährt ein Arbeitgeber respektive ein Unternehmen, das ein Produkt vermarkten will, aber nun, was die einzelnen Zielgruppen interessiert? Die Antwort darauf ist so einfach wie naheliegend: Durch Nachfragen.
Ein Arbeitgeber kann zum Beispiel Mitarbeiter der gleichen Altersgruppe, die bereits bei ihm arbeiten, nach ihren Vorlieben fragen. Auch die Antworten von Talenten aus dem Talent Pool, die sich bei dem Arbeitgeber bereits beworben haben, können eine wichtige Quelle bei der Zielgruppenanalyse sein.
Im Rahmen des Produktmarketings gehen Unternehmen ähnlich vor. Sie befragen Bestandskunden aus der Zielgruppe oder testen im Rahmen der Marktforschung, wie verschiedene Zielgruppen auf den Prototyp eines Produkts reagieren und welche Faktoren ihnen dabei besonders wichtig sind.
Wenn sich das Mosaik langsam zusammenfügt
Aus diesen Informationen ergibt sich ein immer konkreteres Bild von den Personen, die erreicht werden sollen. Wobei eine Zielgruppenanalyse weniger eine statische Erhebung zu verstehen ist, sondern eher als ein dynamischer Prozess, bei dem sich nach und nach sich immer mehr Details herauskristallisieren.
Die Erkenntnisse münden in der Definition der verschiedenen Zielgruppen, von denen eine zum Beispiel so aussehen könnte:
Die anzusprechende Zielgruppe ist zwischen 20 und 25 Jahren alt, stammt aus einer sozial abgesicherten Schicht, ist noch nicht in der Familiengründungsphase und legt größten Wert auf Selbstständigkeit und ein angemessenes Einkommen.
Die Zielgruppe ist sehr fixiert auf ihr Äußeres und betreibt aktives Selbstmarketing. Dafür bevorzugt sie Kanäle wie Instagram oder Pinterest. Auf Netzwerken wie Facebook bewegt sie sich seltener. Als Informationsmedien bevorzugt sie Infografiken, Videos, Checklisten und Bilder.
Die Vertreter der Zielgruppe handeln und leben markenbewusst und geben einen großen Teil ihres Einkommens für Freizeitangebote, Musik und Entertainment aus. Die eigene Weiterentwicklung spielt eine mindestens ebenso große Rolle, die Lernbereitschaft ist daher überdurchschnittlich ausgeprägt.
Weniger wichtig sind dagegen Statussymbole oder karrierebezogene Titel. Stattdessen legt die Zielgruppe größten Wert darauf, dass Arbeit und Freizeit ausgeglichen sind und flexibel miteinander kombiniert werden können.
Aus dieser Beschreibung kann ein Arbeitgeber perfekt ableiten, welche Informationen er der Zielgruppe bei der Ansprache bieten muss, um sie von einer Vakanz zu überzeugen:
- Angaben über das Einkommen
- Work Life Balance Angebote aus den Bereichen Sport, Fitness, Musik oder Entertainment
- Gute Weiterbildungsmöglichkeiten
- Flexible Arbeitszeiten
- Flexible Wahl des Arbeitsortes
Weniger relevant sind dagegen Informationen über:
- Kinderbetreuungsmöglichkeiten
- Karrieremöglichkeiten
- Aufstiegschancen
Diese gesammelten Erkenntnisse sollten im nächsten Schritt in eine Recruiting-Kampagne überführt werden und danach auf den richtigen Kanälen kommuniziert werden.
Die beschriebene Zielgruppe wäre zum Beispiel hier zu erreichen:
- eingeschränkt auf Facebook
- Youtube
Weniger infrage kommen hingegen:
- Printmedien
- Klassische Jobportale
Aus der Zielgruppenanalyse lässt sich nicht nur ableiten, welche Inhalte eine Rolle spielen und auf welchen Portalen diese ausgespielt werden sollten, sondern auch in welcher Form. Arbeitgeber, die die beschriebene Zielgruppe zum Beispiel für sich begeistern wollen, sollten auf einen Mix aus den folgenden Formaten setzen:
- Checklisten
- Bilder aus dem Unternehmensumfeld
- Recruitingvideos
- Infografiken
Fazit: Zielgruppenanalyse gut, alles gut!