Wenn Mitarbeiter für längere Zeit wegen einer Krankheit ausfallen, kehren sie nach ihrer Genesung nicht einfach an den Arbeitsplatz zurück. Stattdessen ist eine stufenweise Wiedereingliederung angezeigt. Was dabei zu beachten ist.
Arbeitnehmer: Weniger krank
Arbeitnehmer sind immer weniger krank. Das belegt der aktuelle Gesundheitsreport 2018 der Techniker Krankenkasse. Die Erhebung bestätigt einen Rückgang der Fehlzeiten um 0,8 Prozent binnen eines Jahres. Im Schnitt sind Arbeitnehmer demzufolge rund 15 Tage per anno krankgeschrieben. Soweit, eigentlich auch so gute Nachrichten.
Doch es gibt auch Mitarbeiter, die es härter trifft und die aus gesundheitlichen Gründen längerfristig ausfallen. Wegen eines Krebsleidens etwa, eines unerträglichen Tinnitus oder eines schweren Bandscheibenvorfalls, dessen Behandlung gut und gerne ein Jahr und mehr beanspruchen kann.
Betriebliche, stufenweise Wiedereingliederung: Was ist zu beachten?
Kehrt der Angestellte nach einer langen Krankheitsphase wieder an den Arbeitsplatz zurück, nimmt dieser aber nicht gleich wieder voll am Erwerbsleben teil. Stattdessen ist der Arbeitgeber verpflichtet, eine betriebliche Wiedereingliederung anzubieten. Und zwar immer dann, wenn ein Arbeitnehmer länger als sechs Wochen erkrankt war.
Wie diese betriebliche Wiedereingliederung aussieht, hängt aber von der Art der Erkrankung des Mitarbeiters ab. In der Regel nimmt der Arbeitnehmer erst nach und nach wieder am Erwerbsleben teil und beginnt mit einer geringen Stundenzahl, die er dann sukzessive erhöht. Voraussetzung dafür, dass der Arbeitnehmer seine bisherige Tätigkeit wieder in einem gewissen Umfang aufnimmt, ist dessen Bereitschaft und dessen gesundheitliche Eignung. Darüber entscheidet der behandelnde Arzt gemeinsam mit dem Betroffenen.
Regelmäßige Beurteilung aus medizinischer Sicht
Aus medizinischer Sicht ist eine stufenweise Wiedereingliederung durchaus sinnvoll. Die Reduktion des Arbeitspensums soll sicherstellen, dass das Risiko, dass es zu erneuten gesundheitsbedingten Ausfällen kommt, minimiert wird. Ziel ist es, dem Arbeitnehmer die Rückkehr so angenehm wie möglich zu machen und jedweden Stress von ihm fernzuhalten.
Die stufenweise Wiedereingliederung ist auch als “Hamburger Modell” bekannt und in Paragraf 84 des Sozialgesetzbuches XI verankert. Dieser verpflichtet Arbeitnehmer dazu, ihren erkrankten Mitarbeitern diese Möglichkeit zu bieten. Eine betriebliche Wiedereingliederung kann bis zu sechs Monate dauern.
Wiedereingliederung: Vereinbarung eines Stufenplans
Sie beginnt beispielweise mit einer täglichen Arbeitszeit von zwei Stunden. Diese wird nach Ablauf von zwei bis vier Wochen langsam weiter erhöht. Meist von zwei auf vier, von vier auf sechs von sechs auf acht Stunden. Doch das ist nur eines von vielen Modellen.
Im konkreten Fall müssen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf die Art und Weise einigen, wie die stufenweise Wiedereingliederung durchgeführt werden soll. Die Ergebnisse werden in einem individuellen Stufenplan festgehalten, der von allen Beteiligten mit einer Unterschrift besiegelt wird.
Der Stufenplan beinhaltet die folgenden Aspekte:
- Beginn und Ende der Wiedereingliederung
- Einzelheiten über verschiedene Stufen der Wiedereingliederung
- Rücktrittsrecht vor dem vereinbarten Ende der Wiedereingliederung
- Mögliche Gründe für einen Abbruch der Wiedereingliederung
- Ruhen von Bestimmungen im Arbeitsvertrag während der Wiedereingliederung
- Höhe eines möglichen Arbeitsentgelts während der Wiedereingliederung
Schrittweise Erhöhung der täglichen Arbeitsbelastung
Der Prozess der beruflichen Wiedereingliederung wird von ärztlichen Untersuchungen begleitet. Je nach Bedarf kann der Stufenplan im Verlauf der Wiedereingliederung dem Gesundheitszustand des Arbeitnehmers auf medizinisches Anraten oder mit medizinischer Erlaubnis angepasst und entweder verkürzt, verlängert oder sogar abgebrochen werden.
Abschluss der stufenweisen Wiedereingliederung
Die stufenweise Wiedereingliederung ist ab den Zeitpunkt abgeschlossen, sobald der Arbeitnehmer im Berufsalltag wieder voll belastbar ist. Dann hat der Angestellte Anspruch auf sein vertraglich vereinbartes Entgelt. Wird die Wiedereingliederung abgebrochen, gilt der Arbeitnehmer als arbeitsunfähig. Dann müssen medizinische oder berufliche Rehabilitationsmaßnahmen, möglicherweise auch eine Frühberentung in Betracht gezogen werden.
Arbeitsentgelt und Entgeltersatzleistungen
Wie sieht es vor, während und nach der Wiedereingliederung mit der Entgeltfortzahlung aus? Hier gelten die folgenden Regeln:
- Erkranken Arbeitnehmer, ist der Arbeitgeber zunächst verpflichtet, das volle Gehalt weiterzubezahlen.
- Nach sechs Wochen endet diese Pflicht und das Unternehmen muss keine Entgeltfortzahlung mehr leisten.
- Dann tritt die Krankenkasse ein und bezahlt Krankengeld. Dieses entspricht 70 Prozent des bisherigen Bruttoeinkommens des Erkrankten.
- Wichtig: Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss der Krankenkasse binnen einer Woche nach dem Besuch beim Arzt vorliegen.
- Das Krankengeld wird wegen derselben Krankheit für höchstens 78 Wochen gezahlt.
- Während der Wiedereingliederung zahlt die gesetzliche Krankenversicherung Krankengeld in voller Höhe.
- Alternativ zahlt die gesetzliche Rentenversicherung ein Übergangsgeld. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn der Wiedereingliederung eine Reha-Maßnahme vorausging.
- Der Arbeitgeber kann dem Mitarbeiter auf freiwilliger Basis ein zusätzliches Arbeitsentgelt zahlen, das aber auf die Höhe des Kranken- oder Übergangsgeldes angerechnet wird.