Vorstellungsgespräche sind mehr als eine lästige Pflicht für Personalverantwortliche. So manches Mega-Unternehmen wäre heute nicht so erfolgreich, wenn die Personalverantwortlichen in der Vergangenheit bei der Personalauswahl nicht sehr gezielt vorgegangen wären. Oberste Priorität sollte es haben, nur Kandidaten einzustellen, die wirklich für die Firma brennen und perfekt zu ihr passen. Ob der Cultural Fit stimmt, zeigt sich sehr deutlich im Jobinterview. Vorausgesetzt, der Interviewer überlässt nichts dem Zufall.
Einer, der schon früh erkannte, wie wichtig ein gutes Vorstellungsgespräch für den Unternehmenserfolg ist, war Steve Jobs, Visionär und verstorbener CEO des Mega-Tech-Konzerns Apple. „Ich glaube, der wichtigste Teil meiner Arbeit ist die Einstellung neuer Angestellter“, wird er in den Medien gerne zitiert. Denn er war sich klar darüber: Die Qualität der Produkte eines Unternehmens steht und fällt mit der Qualität der Leute, die sie entwickeln. Soweit, so logisch.
Umso größeren Wert legte Jobs auf eine handverlesene Auswahl neuer Mitarbeiter. In Vorstellungsgesprächen überprüfte er sie auf Herz und Nieren. Um nur die Leute einzustellen, die die Leidenschaft des Konzerns auch wirklich teilten, dauerten Bewerbungsgespräche bei Jobs schon einmal einen ganzen Tag.
Vorstellungsgespräche bei Apple: neun bis zehn Stunden waren die Regel
Aus einer Fernsehdokumentation ist das Zitat eines Mitarbeiters bekannt: „Es gab Vorstellungsgespräche, die um neun oder zehn Uhr morgens begannen und bis nach dem Abendessen dauerten, weil der Bewerber mit jedem Mitarbeiter im Gebäude mindestens einmal sprechen sollte.“ Wer in diesen Stunden die gleiche ungebrochene Begeisterung an den Tag legte, hatte gute Chancen auf eine Einstellung. Wessen Enthusiasmus nachließ, wurde auf nette Art und Weise herauskomplimentiert.
Was soll das Beispiel zeigen? Nicht unbedingt, dass Unternehmen ihre Bewerber auf ähnlich anstrengende Art und Weise durchleuchten sollen wie Jobs das tat. Das wäre keine gute Idee. Denn heute, da sich Talente ihren Arbeitgeber aussuchen können und nicht mehr umgekehrt, dürfte die Bereitschaft für einen solchen Vorstellungsgespräch-Marathon gegen Null gehen: Andere Arbeitgeber haben auch schöne Stellen.
Vorstellungsgespräch: Gut geplant, ist halb eingestellt
Was sich Personalverantwortliche dagegen aber durchaus von Job abschauen können, ist die Bedeutung, die dieser dem Jobinterview beimaß und die Verantwortung, die er sich selbst zuschrieb, dass ein Vorstellungsgespräch nicht nur ein plumpes Gespräch zu sein hat, sondern den jeweiligen Bewerber jedes Mal aufs Neue maximal in den Fokus rückt. Dazu muss es mit der immer gleichen Konzentration und Genauigkeit geführt werden.
Nur so lässt sich am Ende sagen, wie gut die Eignung eines Talents für eine Vakanz ausfällt. Mit anderen Worten: Bei der Vorbereitung und in dem Gespräch dürfen Personaler nichts dem Zufall überlassen. Sonst übersehen sie möglicherweise, welches Potenzial in dem Rohdiamanten steckt, der gerade vor ihnen Platz genommen hat. Also sollte jeder Kandidat die volle Aufmerksamkeit des Personalsuchenden erhalten, dann lassen sich auch bisher unentdeckte Skills ausloten.
Die richtige Vorbereitung
Was ist also zu beachten? Zunächst einmal sollte die Organisation des Vorstellungsgespräches nicht unterschätzt werden. Wichtig dabei ist:
- Den Meetingraum frühzeitig buchen.
- Alle Beteiligten rechtzeitig einladen.
- Allen Beteiligten die Bewerbungsunterlagen des Kandidaten bereitstellen.
- Sich genügend Zeit einplanen – nichts ist schlimmer, als einen Termin im Nacken zu haben. Das schränkt die Konzentrationsfähigkeit ein und lässt einen gehetzten Eindruck entstehen.
- Getränke und kleine Snacks für eine gemütliche Atmosphäre bereitstellen.
- Das richtige technische Equipment mitbringen.
- Den Raum vorher gut lüften.
- Telefone ausschalten.
- Alle Beteiligten sollten bereits da sein, bevor der Bewerber eintrifft. Das ist ein Zeichen der Höflichkeit und Wertschätzung.
- Es sollte einen Protokollführer geben.
- Es sollte allen klar sein, wer das Gespräch führt.
Das Vorstellungsgespräch: Der richtige Ablauf
Das Gespräch selbst sollte einem strukturierten Ablauf folgen. Das hat den Vorteil, dass man die Jobinterviews verschiedener Bewerber dann leichter miteinander vergleichen kann, was die Personalauswahl erheblich erleichtert. Experten empfehlen das folgende Szenario:
- Die Einleitung: Sie besteht aus einer kurzen Plauderei. Diese drei, vier Minuten geben dem Kandidaten die Chance, die anfängliche Nervosität abzulegen. Umso ruhiger und authentischer fallen dann im fachlichen Teil seine Antworten aus.
- Das Vorstellungsgespräch: Der Bewerber erzählt über seine Biografie, Motivation und bisherige berufliche Erfolge. Da es sich hierbei für das Talent um bekanntes Terrain handelt, kann es in dem Gespräch immer fester Fuß fassen und Selbstsicherheit erlangen.
- Es folgt die Job- und Firmen-Vorstellung seitens der Personalverantwortlichen: Worauf kommt es bei der vakanten Stelle an? Welche Aufgaben sind mit ihr verbunden, wie sieht das Arbeitsumfeld aus?
- Fragerunde: Das ist der Kernteil des Vorstellungsgesprächs. In dieser gilt es dem Bewerber Fragen zu stellen und ihn möglichst viel mit eigenen Worten erzählen zu lassen. Wichtig dabei ist, offene Fragen zu stellen, auf die das Talent nicht mit „Ja“ oder „Nein“ antworten kann.
- Die richtigen Fragen stellen: Es empfiehlt sich vorab, einen Gesprächsleitfaden zu erstellen. So können Unternehmen für jeden Kandidaten die gleichen Fragen stellen und sie wiederum besser miteinander vergleichen. Wichtig dabei ist, nicht nur die klassischen Fragen nach Stärken und Schwächen zu stellen, sondern auch einmal Ungewöhnliches nachzuhaken. So erhält der Personaler Antworten, auf die sich das Talent nicht vorbereiten konnte. Zum Beispiel:
- Wie haben Sie sich auf den Termin heute vorbereitet? Die Antwort zeigt, wie wichtig das Talent den Termin nimmt.
- Wie stellen Sie sich die ersten drei Monate hier bei uns vor? Der Personaler erfährt, inwieweit sich ein Talent mit einer künftigen Rolle auseinandergesetzt hat
- Wer ist Ihr Vorbild – und warum? Ist jemand Anhänger von Persönlichkeiten wie Steve Jobs, zeigt das, dass er großen Wert auf Innovationsgeist legt. Nennt das Talent Sportler, kann das darauf hindeuten, dass es Wettbewerbssituationen nicht scheut.
- Danach erhält der Bewerber Gelegenheit, selbst Fragen zu stellen. Auch hieraus lässt sich vieles ableiten: Hat sich der Kandidat im Vorfeld mit dem Unternehmen auseinandergesetzt, fallen seine Fragen umso zielgerichteter und detaillierter aus.
- In der Abschlussphase: Der Personaler erläutert dem Bewerber, wie es nach dem Gespräch weitergeht.
Es folgt die Verabschiedung. Und bald darauf hoffentlich ein Wiedersehen – als Kollegen.