New-Work-Arbeitsmodelle und die Veränderungen in der Arbeitswelt befeuern den Diskurs rund um die Vier-Tage-Woche. Es gibt jedoch nicht nur Fürsprecher:innen. Unter welchen Voraussetzungen eine Vier-Tage-Woche funktioniert, was die Studienlage zeigt und welche Herausforderungen sie für Personalabteilungen bedeutet, zeigen wir im Folgenden.
Status quo: So erfolgreich ist die Vier-Tage-Woche
In Ländern wie Belgien ist es bereits beschlossene Sache: Die Vier-Tage-Woche ist Realität. Auch andere Länder wie England starten erste Feldversuche. 70 Unternehmen nehmen an dem Experiment teil. Die Voraussetzung: Es gibt vollen Lohnausgleich für 20 Prozent weniger Arbeit pro Woche.
Erste Ergebnisse zeigen, dass der Output gleichbleibend zur klassischen Arbeitswoche ausfällt. Auch durchgeführte Experimente in Island bestätigen, dass sich in weniger Zeit gleiche Ergebnisse erzielen lassen. Studienergebnisse zeigen sogar, dass sich die Produktivität innerhalb von vier Tagen steigern ließe.
Die Realität sieht jedoch häufig anders aus. Statt vollem Lohnausgleich für weniger Zeit werden entweder die Stunden auf die zur Verfügung stehenden Tage verteilt oder der Lohn wird um die fehlenden Stunden gekürzt.
Eine Vier-Tage-Woche muss auch damit verbundene Stressfaktoren berücksichtigen. Andernfalls steigt das Gesundheitsrisiko von Angestellten. Damit sich die Lebensqualität tatsächlich verbessert, erfordert die Umsetzung der Vier-Tage-Woche nicht nur neue Vergütungs- und Zeitsysteme, sondern strukturelle Veränderungen der Arbeitswelt. Allen voran ist ein Augenmerk darauf zu legen, dass Erholungspausen weiterhin gewährleistet sind. Doch auch kleine Entscheidungen, beispielsweise ob ein Meeting notwendig ist, sind Teil der strukturellen Veränderungen.
Feldexperimente zeigen jedoch klar: Wer agil und flexibel Prozesse umstellt, kann mit einer Vier-Tage-Woche sogar die Effizienz, Produktivität und Work-Life-Balance verbessern.
Herausforderungen der Vier-Tage-Woche
Die Vier-Tage-Woche lässt sich somit nicht in den bereits vorhandenen Strukturen realisieren. Eine ganzheitliche Betrachtung ist notwendig. Flexibilität ist keine Einbahnstraße. Ihre Flexibilität müssen auch Unternehmen beweisen. Arbeitszeitregeln sind neu zu denken. Remote Arbeitsmöglichkeiten sind nur mit einer barrierefreien Digitalstruktur möglich. Das Land Belgien zeigt, welche Strukturen wir aufbrechen müssen: Nachtdienst-Regelungen, mehr Schutz für Mitarbeitende sowie ein digitaler Ausbau der Wirtschaft sind Faktoren, die es bei der Umsetzung einer Vier-Tage-Woche zu berücksichtigen gilt.
Eine Vier-Tage-Woche ist nicht statisch zu sehen. Eine solche Regelung könnte einheitliche Arbeitszeiten von Montag bis Donnerstag für die gesamte Belegschaft bedeuten. Im produzierenden Gewerbe oder in der Pflege ist dies nicht möglich. Doch auch solche Branchen können Teil der Vier-Tage-Woche werden, indem Schichtpläne entsprechend einen Tag mehr Auszeit pro Woche für Mitarbeitende berücksichtigen.
Arbeitsrechtlich gesehen ist die Vier-Tage-Woche in Deutschland ohne die Reduktion von Zeiten nicht umzusetzen. Die Problematik: Die längere Arbeitszeit pro Tag erfordert einen Zeitausgleich. Dieser ist nur gewährleistet, wenn keinerlei Überstunden stattfinden. Das erhöht das unternehmerische Risiko in Zeiten von Auftragsspitzen, da stets ein Engpass besteht. Gleichzeitig reduziert dies beidseitig die Flexibilität. Unternehmen können Auftragsspitzen ohne zusätzliches Personal nicht abfedern und Angestellte können durch Überstunden keine Geld- oder Urlaubspuffer schaffen.
Chancen der Vier-Tage-Woche
Die Entstehung neuer Arbeitswelten ist nicht nur für Mitarbeitende vorteilhaft. Auch Unternehmen können profitieren. Zufriedenere und ausgeglichenere Mitarbeitende bringen mehr Leistung. Gleichzeitig erhoffen sich Unternehmen durch die Vier-Tage-Woche mehr Fachkräfte. Solange sie noch nicht flächendeckend etabliert ist, stellt die Arbeitsmarktreform für Mitarbeitende ein klares Corporate Benefit dar.
Wird innerhalb der Vier-Tage-Woche auf verkürzte Arbeitszeiten gesetzt, sind Prozesse sogar weniger anfällig für Fehler. Der einfache Grund: Mitarbeitende sind ausgeglichener und motivierter.
Mit New-Work-Modellen lässt sich eine Vier-Tage-Woche noch besser umsetzen. Denn eine Vier-Tage-Woche spart auch Spritkosten und für Betriebe Energiekosten ein. Mit Arbeit aus dem Homeoffice erhöhen sich mögliche Einsparpotenziale.
Auf Arbeitgeberseite fürchten Kritiker:innen insbesondere mögliche Mehrkosten sowie Risikopotenziale. Diese sind vorwiegend vorhanden, wenn bestehende Strukturen nicht umgestellt werden. Für Unternehmen kann die Vier-Tage-Woche in Kombination mit strukturellen Veränderungen Kosten sparen. Studien zeigen, dass für Bürojobs kein zusätzliches Personal notwendig ist. Mitarbeitende im Unternehmen sind zudem glücklicher. Die Zufriedenheit von Mitarbeitenden bietet weitere Einsparpotenziale. Denn auch eine geringere Krankenrate wirkt sich positiv auf die eigene Wirtschaftlichkeit aus.
Abschließend eröffnet der Diskurs um die Vier-Tage-Woche die Frage, welche Vergütungsmodelle zukünftig greifen. Individuelle Vereinbarungen könnten in Deutschland ein guter Wegbereiter hin zur Vier-Tage-Woche sein.