In der Transport- und Logistikbranche brummt es wie nie zuvor. Ironischerweise treibt die immer besser werdende Konjunkturlage Arbeitgebern allerdings den Schweiß auf die Stirn. Landauf, landab fehlt es an Angestellten. Doch das Image der Branche ist getrübt und Personalmarketing wurde über Jahre hinweg sträflich vernachlässigt. Erste Initiativen sollen das ändern. Können sie wirklich neue Weichen stellen?
Grassierender Fachkräftemangel in der Logistik
Die Bundesagentur für Arbeit blickt positiv in die Zukunft. Der Arbeitsmarkt hat sich 2016 günstig entwickelt, meldete sie vor ein paar Wochen. „Die Zahl der arbeitslosen Menschen ist erneut gesunken, die Beschäftigung ist vor allem in der ersten Jahreshälfte weiter gestiegen und die Nachfrage der Betriebe nach neuen Mitarbeitern hat sich nochmals kräftig erhöht“, konstatierte der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-J. Weise bei einer Pressekonferenz reichlich optimistisch.
Das ist offensichtlich eher eine Frage der Sichtweise. Für Arbeitgeber in der Logistikbranche gibt diese Faktenlage nämlich so gar keinen Anlass für Optimismus. Im Gegenteil. An allen Ecken und Enden fehlt es an Fachkräften. Das beschönigt die Bundesagentur für Arbeit auch gar nicht.
„Der Bestand gemeldeter Arbeitsstellen lag im Jahresdurchschnitt 2016 bei 655.000. Das waren 87.000 mehr als im Vorjahr“, heißt es in ihrer offiziellen Stellungnahme. Und weiter: „Die meisten Stellenangebote richteten sich 2016 an Arbeitskräfte in den Bereichen Verkehr und Logistik, Verkauf, Metall, Maschinen- und Fahrzeugtechnik sowie Gesundheit.“
Logistik: Jede zehnte Vakanz kann nicht besetzt werden
Ein kleiner Nebensatz mit großer Wirkung für die betroffenen Branchen. Im Klartext kann aktuell mehr als jede zehnte Stelle in der Logistik nicht besetzt werden. Es fehlt vor allem an gewerblich-technischen Berufen und Managern. Aber auch Lager- und Transportarbeiter und Staplerfahrer sind Mangelware. Einzig die Stellenangebote für Kommissionierer sind zurückgegangen. Insgesamt befindet sich die Zahl vakanter Stellen damit auf höchstem Niveau seit 2008. Das geht aus dem DEKRA Arbeitsmarkt-Report 2016 hervor.
In der Logistik läuft es also gerade alles andere als rund. Insbesondere Arbeitgeber in der deutschen Kurier-, Express- und Paketbranche haben zu schlucken. Seit Jahren entwickelt sie sich zum nationalen Jobmotor. Logisch: Der steigende Internetkonsum erweitert auch den Bedarf an Paketboten. Aber wo sind die Hände, die zupacken können – und das auch mal wirklich kräftig?
Schlechtes Image macht der Logistikbranche zu schaffen
Genau das ist es aber auch, was die einstige Bewerbungsflut zu einem lauen Strom abgeflaut hat. Einer der Gründe, warum Bewerber vor dem Sektor zurückschrecken, ist die harte körperliche Arbeit, die in der Logistik auf der Tagesordnung steht. Die Branche hat laut des Studienberichts „Handlungsfelder der Personalarbeit in der Logistik“ der Frankfurt University of Applied Sciences aber noch in anderen Bereichen mit Imageproblemen zu kämpfen.
Hinzu kommen Faktoren wie:
- Eine schlechtere Bezahlung im Vergleich zu anderen Branchen
- Schichtbetrieb
- Viele Überstunden
- Der Wettereinfluss auf die eigene Arbeitsleistung
- Die unvermeidliche Reisetätigkeit
Doch schlechter Ruf hin, schlechter Ruf her. Nicht immer ist an Gerüchten alles wahr. Wer damit aufräumen könnte, das wären die Betriebe selbst. Doch diese verkaufen sich seit jeher unter Wert. An dieser Stelle käme jetzt eigentlich das Thema Personalmarketing ins Spiel. Dazu aber gleich mehr. Zunächst noch die Kernaussagen der Frankfurter Wissenschaftler zu den Arbeitsbedingungen, die entgegen der landläufigen Meinung tatsächlich in der Logistik vorherrschen.
Arbeitsbedingungen in der Logistik
In dem Bericht ist zum Beispiel von verschiedenen Incentives die Rede, die die Bewerber anlocken und die Belegschaft an den Betrieb binden sollen. „Die meisten Firmen organisieren eine Weihnachtsfeier, häufig wird eine betriebliche Altersvorsorge oder ein Prämiensystem angeboten. Als Attraktivitätsfaktor werden von den meisten Firmen auch interessante / verantwortungsvolle Tätigkeiten, der gute Ruf ihres Unternehmens und die flachen Hierarchien genannt.“
Weiter brachten die Wissenschaftler zutage, dass mehr als jeder zweite Betrieb seine „Mitarbeiter auf Basis von unbefristeten Verträgen (beschäftigt). Die Lohnhöhe übersteigt das Tarifniveau bei mehr als jedem zweiten Unternehmen und nur die wenigsten Firmen bleiben unter dieser Hürde.“ Und: „Die durchschnittlichen Arbeitszeiten betragen bei den meisten Betrieben nicht mehr als 40 Stunden pro Woche.“
Na, also! Das hört sich doch gar nicht mal schlecht an. Woran allerdings die meisten Logistikfirmen bei der Suche nach Talenten scheitern: Sie schaffen es einfach nicht, ihre Vorzüge ins rechte Licht zu rücken. Damit nun also zum Thema Personalmarketing, bei dem in der Logistik erhebliche Luft nach oben besteht. Oftmals fehlt es an den einfachsten Basics.
Personalmarketing & Employer Branding in der Logistik um Jahre zurück
Wirft der Bewerber zum Beispiel den Blick auf den Internetauftritt so mancher Arbeitgeber, fühlt er sich nicht selten in die Neunziger Jahre zurück katapultiert. Leicht auffindbare Informationen über die Ausbildung? Fehlanzeige! Nur mit intensivstem Suchen stößt der geneigte Leser auf den Link, der zu den offenen Stellen im Unternehmen führt. Im Impressum!
Und dort? Kein Karrierebereich mit Informationen über die Ausbildung, Videos, Bildern, geschweige denn ein Azubi-Blog. Von responsivem Design, mit dessen Hilfe man die Informationen über mobile Endgeräte abrufen könnte einmal ganz zu schweigen. Die Stellenanzeigen selbst bieten einen ähnlich traurigen Anblick: Lange und lieblos gestaltete Bleiwüsten mit dem Logo als einzigem Farbklecks.
Äh – warum nochmal soll sich ein Talent aus dem Digitalzeitalter bei einem solchen Unternehmen bewerben? Nichts für ungut. Aber der Eindruck, der hier entsteht: Dieses Unternehmen benutzt Kommunikationsmittel aus der Steinzeit. Und das soll ein moderner Logistikdienstleister sein?
Modernes Personalmarketing & Employer Branding
Modernes Personalmarketing dreht den Kommunikations-Spieß komplett um:
- Recruiting-Videos, in denen sich Bewerber einen direkten Eindruck vom potenziellen Arbeitgeber machen können
- Mobil abrufbare Webseiten und Stellenanzeigen
- Ein Azubi-Blog, in dem angehende Fachkräfte alles über die Bedingungen im Unternehmen erfahren
- Authentische Bilder von Mitarbeitern, die den Eindruck vermitteln: „Wir haben hier alle eine Menge Spaß.“
- Schnelle und einfache Recruitingprozesse zum Beispiel mittels der One-Click Bewerbung
- Schnelle Rückmeldungen an Kandidaten
- Ein gutes Onboarding-Konzept
- Und, und, und
Will sich die Logistik nicht von anderen Branchen abhängen lassen, ist Handeln angesagt. Erste Initiativen versuchen das Problem nun beim Schopf zu packen und zeigen, was die Logistik alles zu bieten hat.
Erste Personalmarketing-Initiativen in der Logistik
Im Bereich Spedition und Logistik geht der Verlag Heinrich Vogel als leuchtendes Personalmarketing-Vorbild voran. Unter Schirmherrschaft das Bundesverkehrsministeriums ging bereits vor ein paar Jahren die Initiative „Hallo, Zukunft“ an den Start.
Ziel ist es, die Berufsbilder aus dem Transport- und Logistikbereich bekannter zu machen und deren Image aufzupäppeln. Angehenden Logistikfachkräften bringt die Webseite zum Beispiel die vielseitigen, attraktiven Aufgabenbereiche in der Transport- und Logistikbranche näher.
Und weil die Seite wirklich total modern ist, gibt’s auch Ableger auf Facebook und – wohoo - sogar auf YouTube. Ein erster Ansatz! Immerhin! Aber Arbeitgeber in der Logistik entlastet die Existenz dieser einen Seite nicht, sich ein dickes Personalmarketing-Scheibchen für die eigenen Recruiting-Aktivitäten abzuschneiden.