Stelle ausgeschrieben. Mitarbeiter gefunden. Alles ist gut. Mitnichten! Denn nach dem Recruiting ist vor dem Onboarding. Und diese wichtige Phase des Ankommens und Einarbeitens eines neuen Talents sollte nicht unterschätzt werden. Mit ihr steht und fällt, ob sich der Mitarbeiter in einem Unternehmen engagiert, oder ob er es während der Probezeit wieder verlässt. Was zu beachten ist.
Arbeitstag Nummer eins. Freudig-nervös betritt das neue Talent den Empfang seines neuen Arbeitgebers und wird mit Namen, Handschlag und einem sehr konkreten Hinweis, wie es zu seinem neuen Arbeitsplatz kommt in Richtung Aufzug entlassen. Als sich die Lifttüren im dritten Stock zur Seite schieben, wartet bereits ein Kollege. Er stellt sich als zukünftiger Buddy und Mentor des Neuen vor und weist ihm den Weg zum Schreibtisch.
Der perfekte Empfang eines neuen Talents
Der ist Computer eingerichtet, ein kleiner Piccolo steht als Willkommensgruß auf dem Mousepad. Selbst die Visitenkarten sind gedruckt. Es folgt ein kurzer Smalltalk mit dem neuen Buddy, der dann kurz darauf zum ersten Willkommensrundgang durch das Unternehmen ansetzt.
Zuerst steuert er auf das Büro des Chefs zu, der den Neuling mit Handschlag und einem herzlichen Klopfen auf die Schulter begrüßt. Er ist sichtlich entspannt und beantwortet in Ruhe jede Frage. Dann geht’s zum Team und den anderen Abteilungen. Und so weiter…
Das Gap zwischen Theorie und Praxis
Soweit die Theorie. Jetzt kommt der harte Cut. Die Realität in der Onboarding Phase sieht leider allzu oft anders aus:
Empfang: „Wer sind Sie nochmal? Mir hat mal wieder keiner Bescheid gesagt. Ich kann Ihren Namen nicht finden.“
Kollege Nummer eins, der auf einen völlig unvorbereiteten Arbeitsplatz zeigt: „Wir hatten leider keine Zeit. Für den Anfang müssen Sie mit diesem Kompromiss Vorlieb nehmen.“
Der Chef? Nicht da: Kundentermin!
Kollege Nummer zwei, der einem alles zeigen soll: „Dafür bin ich eigentlich nicht zuständig, aber einer muss es ja machen.“
Wen verwundert es da noch, dass etwa 15 Prozent aller Neuankömmlinge in einem Unternehmen schon am ersten Arbeitstag an Kündigung denken? Leider sind die obigen Beispiele keineswegs überspitzt. Bei den Führungskräften ist die Fluktuation innerhalb der ersten 18 Monate sogar noch einmal deutlich höher, weil der erste Eindruck in der Onboarding-Phase nicht stimmt.
Was ist Onboarding?
Wobei Onboarding noch einmal deutlich mehr ist, als nur einen guten Eindruck am ersten Tag zu hinterlassem. Es geht um die ersten Wochen und Monate in einem neuen Job. Onboarding ist eine Abkürzung der amerikanisch-englischen Phrase “taking on board”: An-Bord-Nehmen.
Als Onboarding wird im Personalmanagement als Prozess beschrieben, der die Aufnahme neuer Mitarbeiter in eine Organisation oder Firma umfasst. Hierbei sollen individuelle Eingliederungmaßnahmen eine schnelle soziale und fachliche Integration eines Talents in das Unternehmen fördern. Die Idee dahinter: Wer sich schnell aufgehoben und angenommen fühlt, ist motivierter, schneller produktiv und länger an Bord.
Ziele des Onboardings
Die Ziele des Onboardings gelten als erreicht, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
- Wenn es zu keiner Kündigung innerhalb der Probezeit oder innerhalb von zwei bis drei Jahren kommt.
- Wenn sich das Talent fachlich schnell sicher fühlt und seine Ziele erfüllt, ohne über- oder unterfordert zu sein.
- Wenn der neue Mitarbeiter bereits nach kurzer Zeit gut ins Team integriert ist, wertgeschätzt wird und eine gute Beziehung zu Vorgesetzten und den anderen Unternehmensbereichen aufgebaut hat.
Im Allgemeinen gliedert sich ein erfolgreicher Onboarding-Prozess in drei Phasen:
- Zeit der Vorbereitung
- Zeit der Orientierung
- Zeit der Integration
Die Vorbereitungsphase
Genau genommen startet das Onboarding bereits vor dem Arbeitsantritt eines neuen Talents. Zum Beispiel können ihm bereits vorab wesentliche Informationen zum neuen Arbeitgeber zugesandt werden, damit es sich gut auf den ersten Arbeitstag vorbereiten kann.
Dazu gehören:
- Werte
- Leitbild
- Vision
- Organigramm
- Mitarbeiterprogramme innerhalb des Unternehmens
- Auflistung aller Anlaufstellen und der zuständigen Ansprechpartner
Auch der Papierkram sollte noch vor dem Arbeitsantritt geregelt sein, damit das Talent sich bei seiner Ankunft im Unternehmen voll und ganz auf sein neues Umfeld konzentrieren kann:
- Kontoverbindung für Gehaltsüberweisungen
- Krankenkassenbescheinigung
Zu den To Do’s gehört außerdem die Erstellung eines Einarbeitungsplans mit dem Vorgesetzten und die Zuweisung eines Kollegen, der dem Firmenneuling als Ansprechpartner, neudeutsch: Buddy, zur Seite steht. Last but not least: Die vollständige Einrichtung des Arbeitsplatzes sollte bis zum Tag X über die Bühne gegangen sein. Und bitte auch an die Visitenkarten denken! All das zeigt, dass der Arbeitgeber keinen Zweifel hegt, dass es zu einer langfristigen und fruchtbaren Zusammenarbeit kommt.
Orientierung für das neue Talent
Es ist soweit: Der Empfangsmitarbeiter, der zuvor gebrieft wurde, meldet, dass er den neuen Kollegen an seinem Tag eins herzlich begrüßt hat und ihm den Weg ins Office beschrieben hat.
In der kommenden Zeit geht es darum, dass der neue Mitarbeiter nach und nach alle Abläufe, Prozesse und Kollegen kennenlernt. Dabei aber bitte nicht hektisch werden. Wer hat schon gerne ab Tag eins Stress bei der Arbeit?
Zunächst lernt der Neuankömmling seinen Buddy kennen, es folgt eine herzliche Begrüßung des Chefs mit dem Team und ein kleines Willkommensgeschenk. Nach einer Unternehmensführung und einem gemeinsamen Lunch mit dem Team kommt der Einarbeitungsprozess ins Rollen.
Dieser umfasst:
- ein Gespräch mit dem Vorgesetzten
- die Einführung in die hauseigenen IT-Systeme direkt am Arbeitsplatz
- Erläuterungen der Arbeitsabläufe und Prozesse
- die Übergabe einer Onboarding-Mappe mit Leitfäden und Beschreibungen
Die Integration in den Kollegenkreis
Haben sich ein paar Wochen später die anfänglichen Rauchschwaden über dem Kopf des Neuen gelichtet, ist es Zeit, das neue Teammitglied auch sozial noch stärker zu integrieren und auf diese Weise emotional an den neuen Arbeitgeber zu binden.
Hierbei können Teambuilding-Maßnahmen einen wertvollen Beitrag leisten: Gemeinsame Teamabende, sportliche Events und, und, und. Aber auch die Integration in abteilungsübergreifende Arbeitsgruppen und Projekte trägt dazu bei, dass ein Talent das Unternehmen immer besser kennenlernt und sich intern vernetzt. Apropos Netzwerken. Das kann zusätzlich auch durch digitale Hilfsmittel gefördert werden. Durch ein Corporate Social Network etwa.
Um festzustellen, ob sich der Mitarbeiter wohlfühlt, oder ob es Probleme gibt, die einer Lösung bedürfen, sollte er in regelmäßigen Abständen vom Vorgesetzten zum Feedbackgespräch eingeladen werden. Es ist wichtig, in der dritten Phase des Onboardings am Ball zu bleiben. Denn: Noch können Probleme beseitigt werden. Schleifen diese sich aber erst einmal ein, ist es möglicherweise zu spät und der Mitarbeiter wandert ab. Chance vertan!