Über 30 Prozent der Erwachsenen in Deutschland waren mindestens einmal Opfer von Mobbing am Arbeitsplatz. Das berichtet Statista in einer im Januar 2023 veröffentlichten Recherche. Die Folgen: Depressionen, Suizidgedanken und Angst auf Arbeitnehmerseite, die aus Arbeitgeberperspektive in Krankheitsausfällen und Fluktuation münden.
Wie weit verbreitet ist Mobbing am Arbeitsplatz?
Weltweit sind über 20 Prozent der Arbeitnehmenden Opfer von Mobbing am Arbeitsplatz. Das ergibt die global durchgeführte Studie mit 75.000 Befragten von Llyod und Gallup. Die Ergebnisse decken sich mit der von Viking durchgeführte Studie (n = 1.000) in Deutschland. Diese Studie zeigt weiterhin, dass 37 Prozent der Befragten indirekt Mobbing am Arbeitsplatz beobachtet haben.
Mobbing findet nicht nur direkt vor Ort, sondern auch digital statt. So berichtet die Studie „Mobbing und Cybermobbing bei Erwachsenen“ vom Bündnis gegen Cybermobbing 2021 darüber, dass 11,5 Prozent der Befragten Cybermobbing spürbar erlebt haben.
Eine durchgeführte Studie von statista und YouGov impliziert: Noch findet der überwiegende Teil des Mobbings in direkter sozialer Interaktion statt. Die Studie vom Bündnis gegen Cybermobbing zeigt jedoch auch: Vernachlässigen lässt sich der Anteil an Opfern von Cybermobbing nicht, da die Fallzahl zunimmt. Trennen lassen sich diese beiden Welten der verbalen Gewalt ebenfalls nicht. Mobbing am Arbeitsplatz geschieht in modernen Arbeitskulturen sowohl im direkten Kontakt als auch online.
Die Verantwortung von Arbeitgebern
Welche Aktionen unter Mobbing fallen, ist rechtlich nicht definiert. Alle Arbeitnehmenden, die sich am Arbeitsplatz schikaniert fühlen, haben das Recht zur Beschwerde. Schutz können sich Mobbingopfer somit bei der Personalabteilung, dem Gleichstellungsbeauftragen, dem Betriebsrat oder direkt bei der Geschäftsleitung suchen – sofern diese nicht selbst das Mobbing initiieren.
Wie aber reagiert ein Arbeitgeber? Sie sind an die Fürsorgepflicht gebunden. Zur Fürsorgepflicht nach § 75 Abs. 2 BetrVG zählen auch aktive Maßnahmen, die ein Unternehmen ergreift, um Angestellte vor Mobbing zu schützen. Das bedeutet: Unternehmen müssen bei aufkommenden Beschwerden handeln. Gleichzeitig sind Arbeitgeber verpflichtet, zunächst den Sachverhalt objektiv zu betrachten. Bevor über Opfer und Täterrollen entschieden wird, sind Plausibilitätskontrollen sowie eine anknüpfende psychische Gefährdungsbeurteilung notwendig. Ist ein Betriebsrat vorhanden, geschieht die Beurteilung in gemeinsamer Absprache. Nur so lässt sich valide prüfen, ob dies tatsächlich ein Fall von Mobbing ist oder Angestellte zu Unrecht beschuldigt werden. Handelt es sich um Mobbing, sind Maßnahmen zu ergreifen.
Mobbing am Arbeitsplatz entgegenwirken: Deeskalation und Folgen
Nach § 12 AGG (Allgemeines Gleichstellungsgesetz) ist ein Arbeitgeber verpflichtet, Diskriminierung am Arbeitsplatz zu unterbinden. Dies schließt Mobbing mit ein. Die Deeskalation steht im Akutfall zunächst im Fokus. Maßnahmen wie eine Konfliktlösung, Mediation oder Interessensvertretung sind nur sinnvoll, wenn mit dem Mobbing erst begonnen wurde. Sollten Missverständnisse zum Mobbing geführt haben, könnten diese so frühzeitig aus dem Weg geräumt werden.
Häufig reicht dies nicht aus, weshalb es zeitgleich Konsequenzen geben muss, die über deeskalierende Schritte hinausgehen. Vorschnell handeln, ist hier gefährlich: Die Konsequenzen müssen nämlich verhältnismäßig sein. Einmaliges Mobbing können Arbeitgeber beispielsweise mit einer Abmahnung ahnden. Findet das Mobbing wiederholt statt, ist eine Versetzung möglich. Sollte noch immer keine Einsicht vorhanden sein, kann sogar eine fristlose Kündigung ein verhältnismäßiges Mittel darstellen.
Welche Maßnahme greift, ist ohne Regelung situativ zu beurteilen. Um im Unternehmen ein klares Zeichen gegenüber Diskriminierung und Mobbing zu setzen, können Arbeitgeber Maßnahmen im Vorfeld kommunizieren. Das erhöht auch die Hemmschwelle, überhaupt mit dem Mobbing zu beginnen. Möglichkeiten sind unter anderem der Beschluss einer Verhaltens-Policy bzw. Mobbing-Policy oder die Definierung betriebsverfassungsrechtlicher Vorgaben.
Dies bietet gleich zwei Vorteile:
- Angestellte kennen bereits im Vorfeld die Konsequenz widrigen Verhaltens
- Schritte und Beurteilungskriterien sind pro Mobbing-Phase genau festgelegt
Wie Kolleg:innen untereinander kommunizieren, lässt sich im digitalen Austausch nur schwer kontrollieren. Doch auch hier können Arbeitgeber Regeln vorschreiben und einen Verhaltenskodex erstellen. Die Beurteilung fällt zudem leichter, da der schriftliche Austausch eine erhöhte Beweislast garantiert.
Klar hervorzuheben ist an dieser Stelle, das Unternehmen in der Pflicht sind, gegen Mobbing vorzugehen. Bei unterlassener Hilfeleistung und einhergehender psychischer Schäden können Mobbing-Opfer Schadensersatzansprüche gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen. Arbeitgeber schützen sich und Mitarbeitende also, indem sie bereits präventive Maßnahmen gegen Mobbing am Arbeitsplatz ergreifen und frühzeitig im Mobbingfall handeln. Die Basis hierfür ist eine Vertrauenskultur. Nur in dieser wenden sich Mobbing-Opfer frühzeitig an das Unternehmen.