Unternehmen haben es schwer, Talente zu finden. Daher gewinnt das Thema Mitarbeiterbindung an Bedeutung. Logisch: Wer es endlich geschafft hat, Kandidaten für sich zu begeistern, sollte alles daran setzen, diese langfristig zu halten. Sonst beginnt sich Recruiting-Karussell unweigerlich erneut zu drehen. Allzu oft sollte das nicht passieren. Denn eine hohe Fluktuation ist nicht nur teuer und zeitintensiv, sondern geht im schlimmsten Fall zu Lasten der eigenen Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität.
Der Fachkräftemangel hat den Arbeitsmarkt in vielen Bereichen stark ausgedünnt. Daher liegt das Augenmerk vieler Manager und Personalabteilungen darauf, bestehende Lücken in der Personaldecke so schnell wie möglich zu schließen. An einer Strategie, die neuen Mitarbeiter im Unternehmen langfristig zu halten, fehlt es jedoch oft. Meist aus Zeitgründen - auch Personalabteilungen sind heutzutage nicht gerade überbesetzt.
Mitarbeiterbindung: Wichtiger Baustein im Employer Branding und Personalmarketing
Doch auf lange Sicht kann das nach hinten losgehen. Denn Kandidaten sind in den letzten Jahren erheblich wählerischer geworden. Finden sie bei einem Unternehmen nicht die Bedingungen vor, die ihnen bei der Bewerbung vorschwebten, handeln sie immer häufig nach dem Motto: Kaum an Bord, schon wieder fort!
Längst ist die Probezeit nicht mehr nur ein Instrument für Unternehmen, um zu testen, ob die Chemie stimmt. Auch Talente haben entdeckt, dass sie gut daran tun, den Arbeitgeber auf die Probe zu stellen, um den perfekten Arbeitsplatz für sich und die eigene Karriere auszumachen. Wer will es ihnen verübeln? Schließlich sind sie es heute, die sich aussuchen können, für wen sie arbeiten. Jahrzehntelang haben sich Personaler genauso wählerisch gegeben. Doch nun hat sich der Arbeitsmarkt gedreht.
An diesen Gedanken müssen sich Personalverantwortliche gewöhnen und die Mitarbeiterbindung schnellstens in ihre Employer Branding- und Personalmarketing-Strategie integrieren. Denn es wird über kurz oder lang nicht leichter, Talente zu rekrutieren.
Probezeit gilt für beide Seiten - Bindung muss man lernen
Dass das kein leeres Wortgeplänkel ist, belegt die Studie „Candidate Journey 2017“, vorgelegt von Meta HR und Stellenanzeigen.de. Die Erhebung untersucht unter anderem die Employee Experience in der Probezeit und in den ersten zwölf Monaten an einem Arbeitsplatz. Diese Phase ist entscheidend, ob sich die Zufriedenheit des Talents und die Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber festigen oder der Wunsch aufkeimt, das Unternehmen wieder zu verlassen.
Die Ergebnisse zeigen: In punkto Mitarbeiterbindung müssen Unternehmen noch viel lernen. Von den befragten Arbeitnehmern befanden sich 44 Prozent nach nur ein paar Monaten bereits wieder auf dem Sprung zum nächsten Arbeitgeber. Und noch einmal 32 Prozent waren zumindest offen für neue Angebote.
Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung: Faktoren
Handeln tut also Not! Die Frage ist nur: Was können Arbeitgeber der wachsenden Absprungbereitschaft entgegensetzen? Die Antwort: Sie müssen ihre Mitarbeiter über positive Anreize an sich binden.
Geld spielt dabei zwar eine nicht zu unterschätzende Rolle, über finanzielle Zuckerl allein lassen sich Mitarbeiter aber schon lange nicht mehr binden. Erheblich erfolgreicher sind Unternehmen, die es bewerkstelligen, dass sich ihre Mitarbeiter persönlich stark mit ihrem Job identifizieren.
Voraussetzung dafür sind Aufgaben, die Mitarbeiter in höchstem Maße als sinnstiftend empfinden sowie eine Umgebung, in der sich Arbeitnehmer rundum wohlfühlen, in der sie Entwicklungsmöglichkeiten haben, sich aber auch mal ohne schlechtes Gewissen zum Schnack in der Kaffeeküche treffen können.
Weitere Anreize zur Mitarbeiterbindung können sein:
- Übernahme von Initiative und Verantwortung
- Regelmäßiges Feedback von Führungskräften
- Work Life Balance Angebote als Form der Bindung
- Flexible Arbeitszeiten
- Home-Office-Angebote
- Moderne Büroausstattung, die ein effizientes Arbeiten ermöglicht
- Vertrauensarbeitszeit
- Kinderbetreuungsangebote
- Ein ansprechendes Büroumfeld – weg von der Legebatterie-Atmosphäre im kalten Neonlicht
- Nischen, die zum Austausch einladen
- Gemeinsame Teamevents
- Incentives
Keine Selbstverständlichkeit: Die Ziele
Doch im Arbeitsalltag sind diese Punkte offenbar noch nicht angekommen. Immerhin gaben bis zu 38 Prozent der für die Studie „Candidate Journey 2017“ Befragten an, dass ihnen Angebote wie diese nicht gemacht wurden, obwohl sie ihnen wichtig gewesen wären.
Chance vertan! Denn eine optimale Mitarbeiterbindung bedeutet nicht zuletzt auch, fachliches Know-how im Haus zu bündeln. Und der Schaden kann immens sein, wenn beispielsweise ein Schlüsselarbeiter mit hochspezifischem Expertenwissen zur Konkurrenz abwandert. Zum einen ist dieser in einem leer gefegten Arbeitsmarkt nicht mehr so schnell ersetzbar. Zum anderen wandert die Expertise von einem Tag zum anderen an den Wettbewerb ab. Im schlimmsten Fall nimmt das der eigenen Wettbewerbsfähigkeit die Luft aus den Segeln.
In Zeiten des Fachkräftemangels ist die Mitarbeiterbindung oder das so genannte „Retention Management“ daher mehr denn je zu einem strategischen Wettbewerbsvorteil geworden, der den langfristigen Unternehmenserfolg sichert.
Nicht nur reden, sondern handeln: Die Instrumente
Ein vielversprechender Ansatz kommt aus dem Bereich des Feelgood Managements. Vereinfacht gesagt, setzt sich dieses zum Ziel, für jeden Mitarbeiter ein optimales Arbeitsumfeld zu schaffen und dadurch zu binden. Dies gilt sowohl den Mitarbeitern, als auch dem Management und Führungskräfte verschiedener Ebenen. Darunter fallen verschiedenste Aspekte – angefangen zum Beispiel mit der Organisation einer täglichen Joggingrunde über gemeinsame Teamaktivitäten bis hin zum Feedbackgespräch mit dem einzelnen Mitarbeiter. Hinzu kommen können Gesundheitsangebote, Führungskräftetrainings, individuelle Entwicklungs- und Karriereangebote, eine perfekte technische Arbeitsplatzausstattung und, und, und. Feel Good Manager befragen Mitarbeiter, eruieren deren Bedürfnisse und erarbeiten Konzepte zur konstantenVerbesserung ihrer Situation.
Die Idee schwappte vor einiger Zeit von Amerika nach Deutschland. Den Anfang machte Internetgigant Google, dessen Mitarbeiter gemeinhin als glückliches Völkchen gelten. Sie rutschen von Etage zu Etage, entwickeln Konzepte in Sesseln, die wie Schiffe aussehen, oder schalten in einer Stresskapsel ab. Hinzu kommen ausgeklügelte Fördermöglichkeiten und vieles mehr. Google setzt damit bewusst Kontrapunkte zu einem extrem herausfordernden Arbeitsalltag und relativ strikten Zielvorgaben. Offensichtlich mit Erfolg. Immerhin hat es der Konzern ganz an die Spitze geschafft. Ohne stets hochmotiviertes Personal wäre das so sicher nicht möglich gewesen.
Feel-Good-Manager: Mehr als Pausenclowns
Auch hierzulande kommen immer mehr Unternehmen auf den Geschmack. Berliner Firmen haben knapp die Nase vorn – dicht gefolgt von Hamburger Unternehmen. Stark vertreten in der Feel-Good-Szene sind vor allem die innovationsgetriebenen Digitalbranchen, wie IT, E-Commerce, Internet und Medien.
Hierzulande ist Comspace zum Beispiel ein Vorreiter des Feel Good Managements. Da ist der zur Sauna umgebaute Besprechungsraum, kostenloses Bio-Obst, Klettern im Hochseilgarten mit der ganzen Mannschaft - all das gibt es bei dem IT-Dienstleister aus Bielefeld. Doch auch hier geht es um mehr als nur Fun, sondern erklärtermaßen darum, gemeinsam herauszufinden, wie arbeiten funktionieren muss, damit es das Leben bereichert, statt ihm in die Quere zu kommen. Die Antwort darauf ist Mitarbeiterbindung in Reinkultur.