Kindermarketing gehört in Deutschland zu den aufstrebenden Werbekategorien. Dabei gibt es gesetzliche und moralische Grenzen, die Werbetreibende einhalten sollten. Ein Überblick.
Was ist Kindermarketing?
Die Grundidee des klassischen Marketings ist, dass Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen so ausrichten, dass die Bedürfnisse der Kunden vollends befriedigt werden. Ein großer Teil des Marketings ist das Werben für die einzelnen Produkte. Zu den Aufgaben von Marketing zählt auch, Marktveränderungen zu erkennen und darauf zu reagieren. Im Zuge dessen wurden Kinder als neue Wirtschaftssubjekte erkannt und der Bereich des Kindermarketings zunehmend ausgebaut.
Im klassischen Marketing sind die Konsumenten insofern selbst auf dem Markt tätig, dass sie die Kaufentscheidungen eigenständig treffen. Im Kindermarketing werden die Kinder als Konsumenten angesprochen. Es wird unter anderem analysiert, welche Wirkung Farben oder Markierungen auf der Verpackung haben. Die durch die Werbung geweckten Bedürfnisse der Kinder sollen dann von den Erziehungsberechtigten oder anderen Dritten, die über ein Einkommen verfügen, erfüllt werden. Zusätzlich dazu wächst der Markt für Kinder daher enorm, weil auch das finanzielle Potenzial der kleinen Kunden zunimmt. Die durchschnittliche Höhe des Taschengeldes und Sparguthabens wächst kontinuierlich. Kinder können also immer freier entscheiden, welches Produkt letztlich im Einkaufswagen landet.
Formen und Mittel der Kinderwerbung
Marketing für Kinder wird nicht mehr nur in der Spielzeugindustrie, sondern mittlerweile in vielfältigen Branchen angewendet. Besonders der Lebensmittelsektor setzt auf die Werbung für Kinder. Produkte für Kinder müssen auffällig und schnell erkennbar sein. Der Gang in den Supermarkt ist für Kinder eine Reizüberflutung. Damit ein spezielles Produkt herausstechen und schließlich verkauft werden kann, wird oft auf Spiel-, Wunsch- und Themenwelten zurückgegriffen. Das Kind soll sich als Teil einer Geschichte sehen, die bereits beim Rezipieren der Werbung beginnt und beim eigentlichen Konsum aufhört. Es werden leitende Figuren oder Helden (oftmals Zeichentrick oder Animation) mit hohem Identifikationspotenzial gewählt, um das Interesse der Kinder zu wecken.
Während Werbung früher beinahe ausschließlich über TV-Spots oder Plakate stattfand, so beginnt sie heutzutage in den Köpfen der Kinder. Die Marken fundieren als Sponsor in Sportvereinen, veranstalten Projekttage in Schulen und verfügen über ein umfangreiches Auftreten in sozialen Netzwerken. Das Interesse wird somit nicht zu geweckt, sondern auch langfristig gehalten. Die Werbefiguren, Geschichten und Markenbotschaften tauchen im Alltag immer wieder an unterschiedlichen Stellen auf und lassen die Kaufbedürfnisse erneut aufleben.
Rechtliche und moralische Grenzen
Kindermarketing ist in Deutschland grundsätzlich erlaubt. Allerdings gibt es einige rechtlich formulierte Einschränkungen hinsichtlich der Werbepraktiken und -formen. So ist beispielsweise die Promotion von gefährlichen Konsumgütern (Tabak und Alkohol) bei Kindern verboten. Des Weiteren ist im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag festgehalten, dass direkte Kaufapelle an Kinder zu unterlassen sind. Diese und weitere generelle Regulierungen (z.B. Regulierung "unlauteren" Marketings) sind oftmals jedoch eine Auslegungssache. Die Gegenargumentation der Unternehmen besteht meist darin, dass letztlich die Eltern oder die Erziehung an sich ausschlaggebend für die Kaufentscheidung des Kindes sind.
Neben der rechtlichen Grundlage sollten vor allem auch moralische Aspekte in Betracht gezogen werden. Kinder sind keine geschäftsfähigen Partner. Sie können keine bewussten oder rationalen Konsumentscheidungen treffen. Für die Kinder herrschen auf dem Markt keine fairen Bedingungen für eine freie Wahl, da sie mit Reizen überschüttet werden. Besonders im Lebensmittelsektor, wenn es um den Konsum ungesunder Nahrungsmittel geht, müssen ethische Grundsätze überdacht werden. Auch wenn an der Faktor der Erziehungsinstanz miteinbezogen werden muss, so wird seitens der Unternehmen oft auf den "Quengelfaktor" gesetzt. Ob dies zu einer lauteren Marketingstrategie zählt, bleibt offen.