Das Thema Ausbildungsmarketing gewinnt immer mehr an Bedeutung. Besonders der Handel plagt sich mit schwierigen Aufgaben in der Nachwuchsgewinnung. Es ist Zeit, dass eine Expertin dazu spricht. Wir haben mit Stefanie Brauckmann, Aus- und Weiterbildung TEDi, über die Zukunft im Azubimarketing gesprochen. Let’s talk.
Stellen Sie sich und Ihren Aufgabenbereich doch bitte kurz vor.
Ich arbeite seit 9 Jahren bei TEDi im Personalwesen, habe unterschiedliche Aufgaben - beispielsweise im Bereich der Lohn- und Gehaltsabrechnung - wahrgenommen und verantworte seit Mai 2015 die Abteilung Aus- und Weiterbildung. Neben dem spannenden Aufgabenfeld der Ausbildung, zu dem die Rekrutierung, Betreuung und Qualifizierung unserer Auszubildenden zählt, widmen wir uns als Abteilung auch verstärkt der Personalentwicklung.
Die Inhalte sind mit Themen wie Traineeprogrammen, Beurteilungssystemen, Entwicklungsprogrammen für bestehende Mitarbeiter, Praktikantenbetreuung, dem Patenschaftsprogramm für neue Mitarbeiter und diversen Projekten ebenso abwechslungsreich und herausfordernd wie das Aufgabenspektrum der Ausbildung.
Was sind aktuell die schwierigsten Aufgaben im Ausbildungsmarketing für eine bundesweite Handelskette?
Hier im Ruhrgebiet - im regionalen Umfeld unserer Unternehmenszentrale - werden wir mittlerweile von vielen Jugendlichen als attraktiver Ausbildungsbetrieb wahrgenommen. Die Herausforderung besteht vor allem darin, die angebotenen überregionalen Ausbildungsplätze mit geeignetem Nachwuchs zu besetzen. Denn als bundesweit vertretener Filialist suchen wir in ganz Deutschland Jugendliche und die Umzugsbereitschaft für einen Ausbildungsplatz hat in den vergangenen Jahren enorm abgenommen. Deshalb ist es wichtig, mit geeigneten Maßnahmen und Instrumenten deutschlandweit auf uns als Ausbildungsunternehmen aufmerksam zu machen. Auch spüren wir den zunehmenden Trend der Akademisierung. Viele Abiturienten wählen zunächst ein klassisches Studium. Nicht selten fehlt ihnen dann der Praxisbezug und sie entscheiden sich im zweiten Step für eine duale Ausbildung.
Spüren Sie einen Qualitätsverlust bei den Bewerbern oder haben sich die Ansprüche des Handels nur nach oben korrigiert?
Einen Qualitätsverlust gibt es aus meiner Sicht nicht. Wir haben es geschafft, auch in diesem Jahr tolle junge Persönlichkeiten für eine Ausbildung in unserem Unternehmen zu gewinnen. Im Gegenteil wir haben unsere Anforderungen an die Bewerber angehoben, um unsere Qualität weiter zu steigern.
Dennoch betreiben wir einen hohen Aufwand, um geeigneten Nachwuchs zu rekrutieren. Wir führen eine Vielzahl von Bewerbungsgesprächen, dabei ist unsere Abteilung deutschlandweit unterwegs. Auch sind wir auf Messen, um über die Ausbildungsmöglichkeiten bei TEDi, insbesondere über unsere spezielle Abiturientenausbildung, zu informieren. Oftmals stellen wir im Gespräch fest, dass Jugendliche keine Vorstellungen besitzen, was sie im Berufsleben erwartet.
Welche Maßnahmen setzen Sie aktuell ein (ohne zu sehr Ihre Strategie zu verraten), um neue Azubis für TEDi zu begeistern?
Uns ist die Persönlichkeit der zukünftigen Auszubildenden wichtig, deshalb ist der persönliche Kontakt zu den Jugendlichen Bestandteil unserer Rekrutierungsstrategie. Natürlich erreicht uns klassisch eine Vielzahl der Bewerbungen über unser Online-Bewerbungsportal und wir sichten die Bewerbungen nach festgelegten Kriterien. Die potentiellen Auszubildenden werden allerdings direkt zu einer Vorstellungsrunde fernab von Einstellungstests und simulierten Stresssituationen eingeladen. So lernen sie TEDi in einer angenehmen Atmosphäre kennen. Wir überraschen häufig im persönlichen Gespräch mit unserer unkonventionellen und lockeren Art, sodass sich besonders junge Menschen angesprochen fühlen und den Weg zu uns finden.
Wo sehen Sie in Zukunft (3 – 5 Jahre) die größten Herausforderungen in der Nachwuchsgewinnung für den Handel?
Aus meiner Sicht werden sich die Herausforderungen in den kommenden Jahren nicht grundlegend ändern. Es wird weiterhin unsere Aufgabe sein, junge Menschen für den Handel zu begeistern. Denn zugegebenermaßen sind beispielsweise die Arbeitszeiten einhergehend mit den zunehmend längeren Öffnungszeiten für den einen oder anderen abschreckend. Dennoch bietet der Handel mit seinen unterschiedlichen Facetten getreu dem Motto „Handel gleich Wandel“ viele Perspektiven. Diese gilt es, den Jugendlichen aufzuzeigen. Auch die langfristige Bindung von Nachwuchskräften darf bei der Betrachtung von Ausbildungsmarketing meiner Meinung nach nicht außer Acht gelassen werden. Hier wird auch ein wesentlicher Schwerpunkt unserer zukünftigen Arbeit liegen.
Welchen Technologien blicken Sie besonders gespannt entgegen? Chatbots? Mobile Recruiting? Oder vielleicht etwas ganz Anderes?
Das Thema Chatbots ist für uns derzeit noch nicht präsent. Auch bei steigendem Bewerbungsaufkommen wollen wir weiterhin Bewerbungen persönlich und gezielt sichten, um interessante Persönlichkeiten zu finden. Dennoch ist uns bewusst, dass der Trend des mobilen bzw. der Online-Rekrutierung weiter zunimmt. Auch die Auswahl an Tools wird stetig größer, sodass beispielsweise Bewerber-Matching oder Online-Karrierenetzwerke interessante Instrumente im Rahmen des Bewerbungsprozesses für die Zukunft sein könnten.
Gibt es alternative Strategien, um den Nachwuchsbedarf auch in Zukunft decken zu können? Gesetz dem Fall, dass die jungen Auszubildenden irgendwann wirklich sehr rar werden.
Gemäß dem Slogan „Stillstand gleich Rückschritt“ nutzen und entwickeln wir bereits jetzt alternative Strategien zur Bewerbergewinnung. Dabei liegt uns, wie bereits erwähnt, stets der persönliche Kontakt besonders am Herzen. Beispielsweise werden wir in Kooperation mit dem Dortmunder Sportverein Mengede 08/20 Informationsveranstaltungen zur Berufsorientierung für Jugendliche anbieten. Das Besondere dabei: Wir informieren direkt und unkonventionell nach dem Training auf dem Sportgelände und berichten über unterschiedliche Ausbildungsmöglichkeiten. Das Tolle daran ist, dass wir mit Jugendlichen in ihrem vertrautem Umfeld ins Gespräch kommen und sie authentisch fern ab von klassischen Bewerbungsverfahren kennenlernen und gleichzeitig auf unser Unternehmen aufmerksam machen. Im Rahmen von unterschiedlichen Kooperationen, z. B. auch mit Schulen, wird es auch die Möglichkeit geben, TEDi „live“ im Rahmen einer Betriebsbesichtigung zu besuchen und von Bewerbungstrainings zu profitieren.
Trotz aller Problemchen: Wieso machen Sie Ihre Arbeit dennoch so gerne?
Jedes Jahr stehen wir erneut vor der Herausforderung, junge Menschen für den Handel und insbesondere für TEDi zu begeistern. Und jedes Jahr stellen wir zum Ausbildungsstart fest, dass wir durch das Zusammenspiel unterschiedlicher Marketingaktivitäten erfolgreich waren. Es motiviert ungemein zu sehen, wie die Auszubildenden, die von uns rekrutiert wurden, ihren persönlichen Weg bei TEDi gehen, wie sie lernen, Verantwortung zu übernehmen und mit zunehmenden Aufgaben wachsen.
Wir danken Stefanie Brauckmann für diese spannenden Einblicke und wünschen allen Handelsunternehmen ein erfolgreiches Recruiting für 2017.