Er ist bekannt als „der Persoblogger“, HR-Influencer, Podcaster, Buchautor, Speaker und Gründer von PERSOBLOGGER.DE – Stefan Scheller ist eine der führenden Stimmen im HR. In unserem Interview verrät er unter anderem, wie Employer Branding mit der AIDA-Formel zusammenhängt, warum die wahre Kraft einer Arbeitgebermarke von innen kommt und welche Rolle Corporate Influencer dabei spielen.

Welches Thema beschäftigt dich im Employer Branding aktuell am meisten?
Das Thema Corporate Influencing ist eines der Themen, das mich derzeit am meisten beschäftigt. Der Herausforderung, als Unternehmen nicht (nur) mit einem Corporate Kanal zu kommunizieren, sondern über viele begeisterte Mitarbeitende authentische Einblicke in den Arbeitsalltag zu erhalten, nehmen sich immer mehr HR-Verantwortliche an. Dabei sehe ich das Thema nicht als reine Online-Aktivität, sondern ganzheitlich. Insofern gehören für mich auch Offline-Maßnahmen wie Event-Teilnahmen, Speaker-Einsätze und ähnliches mit dazu.
Das bestmögliche Ergebnis ist meiner Meinung nach dann erreicht, wenn Menschen dich und deinen Namen sofort auch mit deinem Arbeitgeber in Verbindung bringen, im Sinne von „Ach, das ist doch der X von Unternehmen Y!“ Dann ist die Markenbildung auf den Punkt gebracht.
Wie bist du zum Employer Branding gekommen und was hat dich dazu inspiriert, neben einigen weiteren Themen darüber zu bloggen?
Employer Branding wurde 2012 mein Thema, nachdem ich bei meinem Arbeitgeber aus dem Produktmanagement zu HR gewechselt bin. Meine Leidenschaft war schnell entfacht, sodass ich 2013 aufgrund eines konkreten Meinungsäußerungsbedürfnisses meinen eigenen Blog unter PERSOBLOGGER.DE begonnen habe. Seit 2018 wurde dieser dann immer weiter in Richtung HR Praxisportal ausgebaut. Zwischenzeitlich geben über 300 weitere Autorinnen und Autoren ihr HR Praxiswissen dort weiter – entweder in Artikelform oder in einem meiner Podcast-Formate Klartext HR bzw. YOUR HR STAGE.
Wie hat sich deine eigene Perspektive auf Employer Branding und HR im Laufe der Zeit entwickelt? Gab es Schlüsselmomente oder Learnings, die deine Sichtweise beeinflusst haben?
Die gab es definitiv. Früher ging ich davon aus, dass Markenpositionierungen 1:1 kommunizierbar sind oder mittels einer einfachen Operationalisierung. Heute denke ich viel mehr in Funnels – also klassischerweise mit der AIDA-Formel. Während Markenkommunikation gut als „A“ funktioniert und auch mal bewusst etwas übertriebener oder gar aufmerksamkeitsheischend sein darf, muss auf der zweiten Stufe „I“ der Arbeitgeber dann möglichst authentisch Farbe bekennen und „echt“ sein – der perfekte Einsatz für Corporate Influencer. Im Recruiting auf der Stufe des „D“ geht es dann darum, den Wunsch nach konkreter Mitarbeit zu entfachen über gelungene Darstellung in Stellenanzeigen bzw. auf entsprechenden Messen. Jede Stufe zahlt auf die Marke ein – alle haben ihre Berechtigung. Für alle gibt es eigene Good Practices.
Kurz erklärt: Was ist das AIDA-Modell?
Das AIDA-Modell ist ein klassisches Konzept aus dem Marketing, das beschreibt, wie eine erfolgreiche Kommunikation in vier Phasen aufgebaut werden sollte:
A (Attention): Aufmerksamkeit erregen
I (Interest): Interesse wecken
D (Desire): Wunsch erzeugen
A (Action): Handlung auslösen
Was sind aus deiner Sicht die größten Herausforderungen, denen Unternehmen bei der Entwicklung und Pflege einer starken Arbeitgebermarke gegenüberstehen?
Es beginnt bereits mit der Ansicht, eine Arbeitgebermarke sei nicht notwendig. Denn jedes Unternehmen hat bereits eine solche. Während Employer Branding der Versuch einer Einflussnahme auf die Wahrnehmung des eigenen Arbeitgebers ist, zählt am Ende nur, was bei den jeweiligen Zielgruppen ankommt. Und das hängt deutlich stärker an der Unternehmenskultur und den Mitarbeitenden im Unternehmen selbst als an den Marketing-Aktivitäten nach außen.
Das bedeutet, dass die Kraft einer Arbeitgebermarke immer von innen kommt. Und deshalb muss Employer Branding auch in diese Richtung wirken. Es geht eben nicht nur um laute, aufmerksamkeitsstarke Kampagnen und bunte Bilder bzw. Videos. Solche helfen auf der 1. Stufe des AIDA-Funnels. Aber wenn davon am Ende nichts übrig bleibt im Alltag, also die authentischen weiteren Stufen fehlen, ist es eben doch „nur Werbung“. Echte Arbeitgeberattraktivität, vielleicht sogar verbunden mit einer gewissen Retention, wird damit nicht erzeugt.
Auch bringe ich gerne meine Erfolgsformel für die Personalgewinnung ins Spiel, die ich zuerst in meinem Fachbuch „Praxisleitfaden erfolgreiche Personalgewinnung für KMU“ veröffentlicht habe: ERFOLG = ATTRAKTIVITÄT x SICHTBARKEIT.
Beide (mathematischen) Faktoren müssen berücksichtigt werden. Reine Sichtbarkeit bleibt mit Blick auf Recruiting und Retention erfolglos. Gleiches gilt auch für eine hohe Attraktivität, die den gesuchten Zielgruppen jedoch unbekannt bleibt. Sind beide Faktoren ausgeprägt, multipliziert sich der Erfolg. Bleibt ein Faktor (nahezu) null, ist auch das Gesamtergebnis (nahezu) null.
Selbst wenn das stark vereinfacht dargestellt ist, bin ich fest überzeugt, dass die Formel universell gültig ist.
Wie siehst du die Zukunft des Employer Brandings, besonders in einer sich schnell wandelnden Arbeitswelt?
Arbeitgeber müssen es schaffen, kostengünstige Varianten im Employer Branding zu nutzen. Die mit Abstand günstigste und gleichzeitig auch wirkmächtigste sind die vorhin genannten Corporate Influencer. Diese sind aus Überzeugung für den Arbeitgeber aktiv, werden von diesem natürlich unterstützt, aber eben nicht finanziell entlohnt.
Außerdem hilft es, Employer Branding möglichst breit im Unternehmen zu denken und dort zu verankern. Die verschiedenen Kanäle sollten von den Abteilungen oder Personen übernommen werden, die am besten für die jeweiligen Zielgruppen geeignet sind – unabhängig von ihrer organisatorischen Zuordnung. Es gibt nichts Schlimmeres, als einen Kanal mit Content versorgen zu müssen, bei dem man sich methodisch oder inhaltlich nicht auskennt.
Im Grunde zeigt das auch sehr schön, dass Employer Branding vor allem eines ist: crossfunktionales Teamwork.
Stefan Scheller, auch bekannt als „der Persoblogger“, ist HR-Influencer, Podcaster, Buchautor, Speaker und Gründer von PERSOBLOGGER.DE, einer der bekanntesten deutschsprachigen HR-Websites. Hauptberuflich arbeitet Stefan Scheller als HR-Manager bei der DATEV eG in Nürnberg und berät intern zu Employer Branding, Personalmarketing, Recruiting, New Work und digital HR.
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