Robindro Ullah ist Geschäftsführer des Trendence Instituts, bloggt auf HR in Mind! und teilt neben Jan Hawliczek als Host seine Expertise im Podcast Zielgruppengerecht. Trendence bezeichnet Robindro als das Statista des Arbeitsmarktes. Er selbst hat datenbasierte HR-Trends im Blick.
Du sagst selbst: Trends müssen wir nicht mehr erraten, die Daten zeigen, wie sich die Zukunft entwickelt. Welche Trends nimmst du im datenbasierten Personalmarketing wahr?
Beispielsweise sehen wir, dass sich Kampagnenstrategien innerhalb des Personalmarketings zukünftig anpassen sollten. Die Zielgruppe bewegt sich nicht mehr nur auf einer, sondern auf diversen Plattformen. Das geht über die reine Social-Media-Nutzung hinaus. Social Audio und andere Medienformate sind in den vergangenen 2-3 Jahren gewachsen und lassen sich ebenfalls für das Personalmarketing nutzen. Die größte Herausforderung dabei: Jede Plattform hat eine andere Tonalität sowie ihren eigenen Charakter. Darüber hinaus unterscheiden sich auch die Algorithmen, die hinter einer Plattform stehen. So ist TikTok nicht nach dem bekannten Social Graph, sondern nach der Logik des Interest Content (Graph) aufgebaut. Kampagnen plattformenbasiert und dennoch konsistent aufzubereiten, ist die nächste Herausforderung, der sich die HR im Personalmarketing stellen wird.
Im datenbasierten Personalmarketing machen noch viele Unternehmen große Fehler. Welche Rolle spielt beispielsweise die DSGVO? Steht ihr hier nicht in der Verantwortung, zunächst als Beratungsdienstleister den Umgang mit Daten zu schulen, bevor datenbasierte Vorgänge im Personalwesen empfohlen und implementiert werden?
Daten, die wir an unsere Kunden herausgeben, sind anonymisiert und DSGVO-konform. Schulen müssen wir eher, wie Daten zu lesen und interpretieren sind. Was sagen die Daten aus? Was lässt sich daraus für das Personalmarketing ableiten? An dieser Stelle führt Unwissenheit meist zu teuren Fehlern.
Betrachtet man Unwissenheit im Kontext der Datenspeicherung beispielsweise im Bewerbungsprozess, kann dies sehr wohl zu großen Fehlern führen, die dann auch Verstöße gegen die DSGVO darstellen können. Daten in Excel-Tabellen oder das Speichern von Bewerbungsunterlagen in einer Cloud lassen sich mit Löschkonzepten nicht so leicht DSGVO-konform abbilden. Wir als Trendence sind in der Regel nicht so tief in interne Prozesse eingebunden, da wir uns vorwiegend auf die Herausgabe unserer Daten an Kundinnen und Kunden konzentrieren. Wenn es um die Frage geht, wie Daten verwendet und gespeichert werden, sehen wir Beratungsunternehmen, die beispielsweise Bewerbermanagementsysteme einführen, eher in der Pflicht.
Ihr bei Trendence kennt die Zielgruppe von Unternehmen besser als die Unternehmen selbst. Wohin entwickeln sich Datendienstleister wie Trendence und welche Märkte werdet ihr in Zukunft erschließen?
Für uns geht der Trend klar in die Richtung, dass wir unseren Kundinnen und Kunden Daten in einer Form zur Verfügung stellen, in welcher Interpretation und Handlungsempfehlung klar ersichtlich sind. Denn Know-how und Zeit hierfür fehlen den Kundinnen und Kunden oftmals. Der Fokus wird auf der intuitiveren und kundenfreundlicheren Gestaltung von Benutzeroberflächen und damit der Visualisierung von Daten liegen. Zukünftig werden Daten also so aufbereitet sein, dass sie direkt verwendbar sind. Tools wie Chat GPT, die Algorithmen und Machine Learning basiert sind, bieten nochmals einen ganz anderen Zugang zu Daten. Zukünftig navigieren Personaler:innen nur noch über solche Tools durch die Datenwelt. Das tiefe Analysewissen wird ggf. sukzessive in den Hintergrund gedrängt.
Als Trendence erobern wir Schritt für Schritt nun den internationalen Markt. Bereits in den vergangenen Jahren waren wir in gut 50 Ländern weltweit aktiv. Für uns besteht eine klare Möglichkeit, weiter zu wachsen.
Recruiting Tools werden immer besser – machen sie eure Arbeit demnächst überflüssig?
Unsere Arbeit im Speziellen eigentlich nicht, da wir in erster Linie Datenproduzenten sowie -sammler sind. Wir bieten Data as a Service an (DaaS), was auch durch Recruiting Tools genutzt werden könnte. Bei unserer Arbeit geht es zudem darum, Daten aufzubereiten und die richtigen Daten in verwendbare Datensets zu bündeln. Bei Tools wie Chat GPT oder ChatSonic muss man sicherlich aufpassen, dass man nicht obsolet wird. Völlig trivial ist die Anwendung der neuen KI-Tools aber nicht – nur wer die richtigen Fragen stellt, bekommt auch die guten Antworten. So werden beispielsweise Fragen bzw. Aufträge klarer und deutlicher, wenn man diese direkt mit Daten unterfüttert und die KI erzielt bessere Ergebnisse. Um nochmals auf die Frage zurückzukommen: Sicherlich werden neue Recruiting Tools den einen oder anderen Dienstleister überholen. Unsere Arbeit macht viele Tools besser und die Recruiter:innen effizienter. Die Zeit der Daten im Recruiting hat gerade erst begonnen.
40 % misstrauen ihren Führungskräften. Ist es möglich, auf Basis von Daten Führungskräfte auszuwählen, die das Vertrauensverhältnis verbessern?
Meines Erachtens geben Menschen in der Regel keinen Vertrauensvorschuss. Insbesondere meine persönlichen Erfahrungen in Deutschland zeigen, dass man Arbeitgebern gegenüber eher misstrauisch ist. Das heißt, Führungskräfte datenbasiert auszuwählen, wird nicht unmittelbar etwas an dem Misstrauen ändern. Sicherlich baut sich dieses schneller auf, wenn die Führungskraft ergänzend kulturbasiert ausgewählt wurde. Auch das ließe sich datenbasiert umsetzen mit Tools wie dem eValueater, die Cultural Scores berechnen. Es ist aber grundsätzlich nichts Neues, dass Führungskräfte auf Basis von Daten ausgewählt werden. Auch sogenannte Assessment Center liefern Beobachtungsdaten, auf deren Basis dann Entscheidungen getroffen werden. Wichtig ist, welche Daten herangezogen werden und ob diese eine Relevanz für das Auswahlziel haben.
Du hast einen Wunsch frei: Welche Rolle soll datenbasiertes Personalmarketing in Zukunft spielen?
Ich finde die Frage cool, weil sie sich in sich selbst beantwortet. Datenbasiertes Personalmarketing wird in die Rolle einer Lead Generierungsmaschine schlüpfen. Völlig transparent, von wo welcher Lead stammte und wie dieser konvertierte.
Denken wir noch ein paar Schritte weiter, etwa in Richtung Metaversum und dem für dieses Jahr angekündigten Appleverse kann man davon ausgehen, dass sich die Plattformen immer weiter Richtung Datensteuerung verändern werden. Die Durchmischung von virtuellen, augmented und realen Welten führt zu einer <<völlig neuen>> Datentransparenz. Im Personalmarketing wird man also gar keine andere Wahl mehr haben, als den Zugang zur Zielgruppe über Daten zu steuern. Es wäre fahrlässig, in einer solchen Welt auf das Bauchgefühl zu hören. Zudem denke ich, dass es gar nicht mehr möglich sein wird.
Für das Personalmarketing wünsche ich mir, dass sie in dieser neuen Welt verspielter an die Problemstellungen herangehen. Personalabteilungen sollten wieder mit Kinderaugen die Herausforderungen betrachten. Denn dann gilt: THE SKY IS THE LIMIT!
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