Personalmarketing in Krankenhäusern gewinnt an Bedeutung. Weil ein Ende des bestehenden Ärzte- und Pflegemangels nicht in Sicht ist, müssen Kliniken Schritte einleiten, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren. Wie ein marketingorientierter Ansatz helfen kann, die eigenen Stärken zu betonen.
Um die Beschäftigungssituation in Krankenhäusern ist es nicht rosig bestellt. Laut einer Studie des Karriereportals StepStone erreichte der Personalmangel in Medizin und Pflege im vergangenen Jahr erstmals Rekordwerte. Vor allem der Personalbedarf bei Ärzten ist gestiegen. Die Zahl der offenen Stellen erhöhte sich innerhalb eines Jahres um zehn Prozent. Aber auch die Nachfrage nach Pflegepersonal stieg in den letzten Jahren kontinuierlich an - wenn auch nicht ganz so steil.
Warum Personalmarketing & Employer Branding im Krankenhaus immer wichtiger wird
„Vor diesem Hintergrund entstehen aktuelle Tarifdebatten wie die Forderungen der Gewerkschaft Verdi, die Gehälter im öffentlichen Dienst unter anderem für Pflegekräfte und Krankenhauspersonal deutlich zu steigern", erklärt Anastasia Hermann, Arbeitsmarkt-Expertin bei StepStone. „Wo die Nachfrage hoch und das Angebot an qualifiziertem Personal knapp ist, greifen auch bei Gehältern die bekannten Mechanismen der Marktwirtschaft."
Doch an der Gehaltsschraube zu drehen, kann nur einer von vielen Punkten sein, mit denen sich Krankenhäuser gegenüber potenziellen Kandidaten als attraktiver Arbeitgeber positionieren. Laut Prognosen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) könnten Krankenhäuser durch weitere gezielte Personalmarketingmaßnahmen bis zum Jahr 2050 allein das Angebot an Pflege-Personal um fast 50 Prozent steigern.
Personalmarketing - unter diesen Begriff fallen externe und interne Maßnahmen, die ergriffen werden können, um das Image eines Arbeitgebers zu steigern. Im Allgemeinen ist dabei meist von Work-Life-Balance-Angeboten die Rede, einer Flexibilisierung der Arbeitszeiten oder Möglichkeiten zum Home-Office, die werbewirksam über Image-Kampagnen an den Kandidaten gebracht werden.
Personalmarketing in Krankenhäusern folgt jedoch anderen Vorzeichen als in anderen Wirtschaftsbereichen. Weder holen Home-Office Angebote noch die Einführung von Gleit- oder Vertrauensarbeitszeit das Personal in seiner Lebensrealität ab. Es herrscht schließlich das unwiderrufliche Diktat von Arbeitsplatzpräsenz und Schichtdiensten.
Besser geeignet im Klinikumfeld sind hingegen interne Personalmarketingmaßnahmen wie:
- Kita-Angebote mit flexiblen Öffnungszeiten zur besseren Vereinbarkeit mit Schichtdiensten
- Arbeitszeitmodelle, die genügend Pausen und freie Tage zur Regeneration zwischen Schichtwechseln bieten
- Teilzeitarrangements für Berufsrückkehrer
- Personalentwicklungsmodelle
- Eine moderne technische Ausstattung, die effizientes Arbeiten ermöglicht
- Akzeptable Überstundenregelungen
Die Analyse
Es gibt jedoch kein Pauschalrezept. Kliniken tun im ersten Schritt der Ausarbeitung einer Personalmarketing und Employer-Branding-Strategie gut daran, genau hinzuhören, was ihren Mitarbeitern unter den Nägeln brennt – in Personalentwicklungsgesprächen zum Beispiel. Auch Mitarbeiterumfragen geben Aufschluss. Daraus lassen sich im nächsten Schritt konkrete interne Maßnahmen ableiten.
Wie stark sich die Bedürfnisse von Haus zu Haus unterscheiden können, zeigt eine Untersuchung zur Arbeitnehmerzufriedenheit in Kliniken der Universität Freiburg. Zwar können dieser zufolge beispielsweise private Kliniken mit einem ordentlichen Gehalt punkten, doch ist das dem Personal weniger wichtig als Faktoren wie Jobsicherheit und gute Karriereperspektiven, wo die die Mitarbeiter erheblichen Verbesserungsbedarf bemängelten.
Auch die vorherrschende Dominanz wirtschaftlicher Ziele beeinflusst die Arbeitgeberattraktivität privater Träger negativ. Konfessionelle Häuser haben dagegen mit dem christlichen Wertekodex zu kämpfen. Viele Angestellte haben die Befürchtung, dass dieser sie in der freien Ausübung ihres Berufs einschränken könnte.
Personalmarketing im Krankenhaus: Die Umsetzung
Die Aufzählung ließe sich in dieser Manier weiter fortsetzen. Doch bereits dieser kleine Ausschnitt zeigt: Krankenhäuser müssen im Wettbewerb um Fachkräfte ganz genau darauf achten, welches Bild ihre Angestellten von ihnen haben und dieses – wo nötig – korrigieren.
Dabei sollten auch die einzelnen Personal-Zielgruppen differenziert betrachtet werden: Ein Chefarzt wird in der Regel andere Ansprüche haben, als die potenzielle Pflegekraft oder der Assistenzarzt.
Auf die Analysephase im Employer Branding folgt die Ausarbeitung und Festlegung eines möglichst konkreten Maßnahmenkatalogs und Strategien zur Umsetzung. Sind die einzelnen Personalmarketing-Milestones intern implementiert, kommt die externe Personalmarketing-Maschinerie ins Rollen: Die Botschaft von den verbesserten Bedingungen muss nach außen getragen werden, will man neue Talente für sich begeistern.
Personalmarketing im Krankenhaus: Externe Schritte
Aber auch das geht nicht ohne ein strukturiertes Vorgehen. Zunächst müssen die Kanäle identifiziert werden, in denen sich die gesuchten Fachkräfte aufhalten und passgenaue Kampagnen und Maßnahmen entwickelt werden.
Im medizinischen und pflegerischen Umfeld kommt beispielsweise folgendes infrage:
- Schaltung von Stellenanzeigen in Tages- und Fachzeitungen
- PR-Aktivitäten bei Fachmessen
- Die Beauftragung von Personalberatern
- Kooperationen mit Universitäten und Schulen
- Tage der offenen Tür
- Stipendien
- Informationsangebote auf dem Uni-Campus
Weniger geeignet sind hingegen Kampagnen über soziale Netzwerke oder das Internet, wie die Hochschule Osnabrück herausfand: Die Zielgruppen sind hierüber weniger gut zu erreichen.
Alleinstellungsmerkmale herausarbeiten
Ziel des externen Personalmarketings ist, sich durch spezifisch herausgearbeitete Alleinstellungsmerkmale von anderen Arbeitgebern bei potenziellen Talenten abzuheben. Die Kunde von optimalen Arbeitsbedingungen ist aber nur ein Teil davon. Der andere bezieht sich auf die Bereiche, in denen eine Klinik eine Vorreiterrolle einnimmt.
Viele konfessionelle Kliniken bieten zum Beispiel kostenlose Behandlungen für Hilfsbedürftige an, auch bei anonymen Geburten oder der Palliativmedizin sind sie oft Spitzenreiter, während Universitätskliniken mit hochspezifischer Forschungsexpertise punkten können. Auch das sollte im externen Personalmarketing angemessen abgebildet werden.
Fazit: Gefragt im Personalmarketing von Kliniken sind also höchst individuell zugeschnittene Lösungen. Doch die Zeit drängt. „Wenn wir jetzt nicht entschieden gegensteuern, steht die medizinische Versorgung in Zukunft vor immensen Problemen“, warnte Professor Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK) bereits vor eineinhalb Jahren. „Es wächst eine sehr selbstbewusste Ärztegeneration nach. Sie ist verständlicherweise nicht mehr bereit, Versorgungslücken bedingungslos auf Kosten der eigenen Lebensplanung zu schließen.“ Handeln tut also Not!