Eine Employer Branding Studie ist immer heikel, denn sie stellt nur einen Teilbereich der Wahrheit dar. In diesem Blog-Beitrag geht es um verschiedene Studien und deren Ergebnisse.
Employer Branding, der Aufbau einer starken Arbeitgebermarke, ist zum Schlüsselthema für HR geworden: In vielen Branchen ist der Arbeitsmarkt wegen des Fachkräftemangels und demographischen Wandels leergefegt, so dass sich nicht mehr der Arbeitnehmer beim Unternehmen bewirbt, sondern umgekehrt. Und Kandidaten sind über die Jahre anspruchsvoller geworden, wie zahlreiche Employer Branding Studien belegen.
Stolze 73 Prozent der Bewerber stellen heute höhere Anforderungen an Unternehmen als noch vor ein paar Jahren. Das entspricht einem Anstieg um 5,1 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr und ist das Ergebnis der jährlichen Erhebung „Recruiting Trends“ der Universität Bamberg.
Employer Branding: Die Bedeutung steigt
Die veränderten Bedürfnisse der Kandidaten lassen das Thema Employer Branding immer stärker in den Fokus der Unternehmen rücken. Geht es doch beim Employer Branding um nichts anderes, als den strategischen Aufbau einer attraktiven und unverwechselbaren Arbeitgebermarke, um potenzielle Talente für sich zu begeistern und etablierte Mitarbeiter zu binden. Letztes zum Beispiel durch das Aufzeigen von Entwicklungsmöglichkeiten und Karriereperspektiven. Employer Branding umfasst also die Bereiche: Personalmarketing, Recruiting und Personalentwicklung.
Gelingen kann das nur, wenn ein Arbeitgeber im inneren lebt, was er nach außen verspricht und Mitarbeitern sowie Bewerbern ein authentisches Leistungsangebot macht. Denn mangelnde Authentizität spricht sich über die sozialen Medien heute in Nullkommanichts in Bewerberkreisen herum und ist ein herber Dämpfer für die Arbeitgeberattraktivität. Und auch etablierte Mitarbeiter hält nichts im Unternehmen, wenn die Bedingungen aus ihrer Sicht nicht stimmen.
Insofern ist der Ausgangspunkt eines erfolgreichen Employer Brandings der Aufbau einer Unternehmenskultur, in der sich alle Mitarbeiter rundum wohlfühlen. Und erst im zweiten Schritt schließt sich die Außendarstellung des Arbeitgebers über die sozialen Medien, die Karrierewebseite, den eigenen Mitarbeiterblog oder Auftritte bei Messen oder Bewerberevents an.
Employer Branding: Was Studien sagen
Aber was stellt moderne Leistungsträger oder Bewerber im Job zufrieden? Dieser Frage ist die internationale Studie „World of Work 2016“ des Markt- und Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag des Karriereportals Monster nachgegangen. Befragt wurden 4.114 Arbeitnehmer über 18 Jahre in Großbritannien, Frankreich, Deutschland und den Niederlanden.
Der Erhebung zufolge zahlen folgende Kriterien besonders auf die Attraktivität eines Arbeitgebers und die Mitarbeiterzufriedenheit ein:
- Eine ausgewogene Work-Life-Balance (41 Prozent)
- Angebot von Homeoffice-Lösungen (25 Prozent)
- Flexible Arbeitszeiten (34 Prozent)
- Regelmäßiges Feedback (14 Prozent)
- Verbesserung der Führungsqualitäten des Managements (27 Prozent)
Und: Immerhin 63 Prozent der Befragten sprechen sich für ein höheres Gehalt aus. Damit räumt die Studie mit einem gängigen Mythos auf. Beim Thema Jobzufriedenheit spielt die Höhe des Einkommens also offensichtlich doch eine größere Rolle, als ihr in der Vergangenheit nachgesagt wurde.

Immer wieder machte die Mär die Runde, dass junge Talente keinen gesteigerten Wert auf den schnöden Mammon legten. Das stimmt so offensichtlich nicht. Vielmehr sind zu dem Wunsch nach der Sicherung des materiellen Wohlstands weitere Kriterien dazu gekommen, die aus Sicht der Talente einen attraktiven Arbeitgeber ausmachen.
Employer Branding: So gelingt die Mitarbeiterbindung
Die Wünsche nach einem Plus an Flexibilität und einer optimierten Work Life Balance kommen dabei nicht von ungefähr. Junge Talente sind mit dem mobilen Internet aufgewachsen und daran gewöhnt, dass Termine dank Instant Messaging spontan verschoben oder Aufgaben mit Smartphone, Tablet oder Laptop unabhängig von Ort und Zeit erledigt werden können. Für sie ist klassische Aufteilung von Freizeit und Arbeit dadurch obsolet geworden.
Stattdessen arbeiten sie nach dem Prinzip „Work Smart not Hard“: Warum Lebensqualität aufgeben, wenn man Dinge zu einem anderen Zeitpunkt umso konzentrierter erledigen kann? Für Unternehmen muss das nicht zum Nachteil sein – vorausgesetzt, sie lassen sich darauf ein.
Die Schlüsselworte hierfür lauten: Home-Office, eine gute Dokumentation aller Prozesse, regelmäßiger Austausch zwischen Vorgesetzten und Team, Vertrauensarbeitszeit und Output statt Input messen. Es geht nicht um die Präsenz, sondern um das, was bei der Arbeit herauskommt. Und dieser Output sollte eben auch angemessen bezahlt werden.
Employer Branding: Produktivitäts- und Innovationssteigerung
Unternehmen, die hier Fakten schaffen, sind bei der Entwicklung ihrer Employer Branding Strategie einen ganzen Schritt weiter. Das jedenfalls konstatieren Wissenschaftler der Universität St. Gallen. Im Auftrag des Zentrums für Arbeitgeberattraktivität untersuchten die Forscher, inwiefern die Attraktivität eines Arbeitgebers Einfluss auf dessen Leistungs- und Innovationskraft hat und befragten 16.274 Führungskräfte und Mitarbeiter aus 96 Unternehmen.
Gemessen wurden im Schnitt eine um 16 Prozent höhere Unternehmensleistung und eine um 12 Prozent höhere Innovationsrate. Eigentlich logisch: Ein Plus an Arbeitsplatzzufriedenheit steigert das interne Commitment und Engagement, was eine erhöhte Produktivitätsrate nach sich zieht. Und wenn alles besonders glatt läuft, spricht sich das gute Betriebsklima extern herum, was zu einer Erhöhung der Bewerbereingänge führt.
Doch eine positive Mundpropaganda allein reicht nicht aus, um Kandidaten nachhaltig von sich als Arbeitgeber zu begeistern, wie eine Erhebung aus dem Hause CareerArc zeigt. Dieser zufolge beschäftigen sich 75 Prozent der Kandidaten vor der Bewerbung intensiv mit der Arbeitgebermarke. Ihre Informationen beziehen sie vor allem über die Karriere-Webseite und Social Media.
Wer hier als Unternehmen mit einer unregelmäßigen Social Media-Kommunikation oder einer Karrierewebseite aufwartet, die im Gegensatz zu den anderen Teilen der Homepage nicht mobilfähig und unstrukturiert ist, rutscht in der Bewerbergunst schnell wieder ab. Ebenso wenig goutieren Kandidaten umständlich und schwer auszufüllende Online-Formulare und lange Rücklaufzeiten im Bewerbungsprozess. Der Eindruck, der sich ihnen aufdrängt: Allzu ernst scheint es dem Unternehmen mit dem Wunsch nach neuen Mitarbeitern nicht zu sein, sonst würde man sich mehr Mühe geben.
Employer Branding wird zum strategischen Faktor
Fazit: Employer Branding setzt einen von Anfang bis Ende konsequent durchdachten Prozess voraus, der lieber gestern als morgen angestoßen gehört hätte. Das legen die Ergebnisse der zitierten Employer Branding Studien in Summe nahe. Die Erhebungen belegen auch, dass Employer Branding längst keine Angelegenheit mehr ist, die von HR nebenbei erledigt werden kann.
Im Gegenteil hat das Thema strategische Bedeutung erlangt. Doch zeigen die Studien auch, dass hier noch erheblicher Nachhohlbedarf besteht. Fakten wie diese sollten zu denken geben:
- Nur etwas mehr als die Hälfte der Unternehmen verfügt über eine explizite Employer Branding Strategie.
- Auch in punkto Mitarbeiterführung ist laut der Studie Recruiting Trends nicht alles Gold, was glänzt: So beklagt sich ein großer Teil der Arbeitnehmer über mangelnde Wertschätzung (64,4%), die fehlende Übertragung von Verantwortung (43,7 %), schlechte Karriere- und Weiterbildungsperspektiven (68, 7% und 61,2%).
Fakt ist: Employer Branding kann nicht halbherzig gedacht werden, sondern kann nur gelingen, wenn das volle Potenzial ausgeschöpft wird. Das setzt in der Strategiephase die Einbeziehung von Wettbewerbsanalysen oder Branchen-Benchmarks voraus, um in der Umsetzung an den richtigen Hebeln drehen zu können. HR und C-Level-Entscheider müssen dringend Hausaufgaben machen.