Employer Branding bedeutet, eine Arbeitgebermarke zu schaffen, die das Arbeitgeberimage positiv prägt. Das hat zwei positive Effekte. Erstens: Die Bekanntheit eines Unternehmens gegenüber Bewerbern steigt. Zweitens: Ein Unternehmen positioniert sich bei potenziellen Talenten als attraktiver Arbeitgeber. Das ist zumindest dann der Fall, wenn alles nach Plan läuft. Doch Employer Branding ist auch mit Risiken und Nachteilen verbunden. Was zu beachten ist.
Vor allem die sozialen Medien und Businessnetzwerke sind in den letzten Jahren zu einem wesentlichen Bestandteil im Employer Branding geworden. Dafür sprechen diese Gründe:
- Über die sozialen Medien lässt sich eine größere Anzahl an Personen ansprechen als über andere Werbekanäle.
- Das Betreiben von Unternehmensauftritten ist mit geringeren Kosten verbunden.
- Kandidaten informieren sich insbesondere in der Entscheidungsphase des Bewerbungsprozesses auf den Social-Media-Seiten eines Arbeitgebers. Ein guter Auftritt kann die nötige Überzeugungsarbeit leisten.
Also präsentieren sich Arbeitgeber auf Twitter, Instagram oder Facebook, Xing oder LinkedIn von ihrer Schokoladenseite. Soweit, so richtig. Dumm nur, wenn sie es vorab versäumen, eine Zielgruppenanalyse zu machen und gar nicht wissen, auf welchen Netzwerken sich die Kandidaten befinden, die sie ansprechen wollen. Dann ist das Risiko groß, dass Unternehmen nicht mit den Personen kommunizieren, an denen sie interessiert sind, sondern an ihnen vorbei.
Die nicht mehr ganz taufrische „Social Media Personalmarketing Studie“ der Hochschule RheinMain und der Unternehmensberatung „embrander“ kommt unter anderem zu dem Ergebnis, dass das vor nicht allzu langer Zeit oft der Fall war. So waren zum Zeitpunkt der Erhebung beispielsweise 90 Prozent der Unternehmen in dem Business- Network „Xing“ präsent.
Allerdings wurde dieses nur von 35 Prozent der avisierten Absolventen und Studenten zur Information über einen Arbeitgeber genutzt. Ähnlich sah es bei den Netzwerken wie „LinkedIn“, „Twitter“ und „Kununu“ aus. Über Facebook wäre hingegen die Mehrheit der Absolventen zu erreichen gewesen. Hier verfügten aber nur die wenigsten Unternehmen über einen Auftritt. So viele Chancen vertan.
Kein Budget, kein Redaktionsplan, keine Follower
Zugegeben. Die Studie stammt aus dem Jahr 2016. Seitdem hat sich manches getan. Aber selbst, wenn Unternehmen ihre Employer-Branding-Kanäle in der Tendenz inzwischen zielgerichteter auswählen, landen sie damit nicht automatisch den großen Wurf gegenüber Talenten.
Damit ein Unternehmensauftritt in den sozialen Medien wirklich „fliegt“, setzt das viel Feintuning voraus. Das ist einer der Nachteile, der mit dem Employer Branding in den sozialen Medien einher geht: Ein hoher Zeitaufwand. Zum Beispiel müssen die Kanäle konsequent befüllt werden. Und das mit möglichst abwechslungsreichem Content: Videos, Grafiken, Beiträge aus dem Mitarbeiterblog, Content aus Fachmedien, Bilder aus dem Unternehmen und, und, und.
Unternehmensauftritte in sozialen Medien leben nämlich von Kontinuität und Abwechslungsreichtum. Sonst lässt sich kaum eine interessierte Community aufbauen. Wer nur ab und an lieblos ein paar Stellenanzeigen postet, wird wenig Erfolg haben. Denn Talente haben ein Gespür dafür entwickelt, ob sich ein Unternehmen wirklich um sie bemüht oder ihnen nur immer mal wieder ein Informations-Häppchen zuspielt. Die meisten folgen nur dem, der ihnen wirkliches Infotainment und Einblicke in den Betrieb gibt. Darum geht es schließlich im Employer Branding auf Facebook und Co: Ein Unternehmen erlebbar machen.
Wenn sich der Shitstorm anbahnt
Schlimmer als das Ausbleiben des erhofften Bewerberansturms über die sozialen Medien ist eigentlich nur noch dieses Szenario: Wenn sich auf einer an sich gut funktionierenden Unternehmensseite ein anderer Sturm zusammenbraut. Der Shitstorm. Nicht immer muss dieser durch unkluges Handeln ausgelöst werden. Auch ein unerwartetes Ereignis kann die Turbulenzen auslösen und in Nullkommanichts zerstören, was ein Arbeitgeber in mühevoller Kleinarbeit aufgebaut hat.
So etwas musste die Naturschutzorganisation WWF im Jahr 2011 erleben: Im Fernsehen lief eine Dokumentation, die das Handeln der Organisation in ein negatives Licht stellte und unschöne Details an die Öffentlichkeit brachte. Innerhalb kürzester Zeit entstanden im Internet Diskussionsforen, Medien berichteten darüber, die Organisation wurde mit Fragen aber auch Beleidigungen überhäuft und auf der Facebook-Seite wurden etliche kritische Posts verfasst.
Ein solches Szenario ist ein nicht zu unterschätzendes Risiko im Employer Branding: Jedes Unternehmen, das sich öffentlich präsentiert, macht sich auch angreifbar. Und über die sozialen Medien kann jeder seinen Unmut äußern.
Hier hilft nur ein gutes Krisenmanagement:
- Wer die Kritik von der Social-Media-Seite löscht, macht es nur noch schlimmer.
- Durch die Vernetzung im Internet spricht sich das Vorgehen des Unternehmens gegen kritische Stimmen schnell herum. Dieses Verhalten löst im Zweifel den nächsten Shitstorm aus.
- Also: Lieber besonnen und sachlich auf geäußerte Kritik reagieren und diese aushalten.
- Ansonsten ist der entstandene Schaden am Image des Unternehmens kaum wieder gut zu machen.
Wichtig: Immer authentisch bleiben
Es gibt aber noch ein weiteres großes Risiko im Employer Branding: Mangelnde Authentizität. Sei es auf der eigenen Karriereseite, in den Socials, bei Messeauftritten oder in Stellenanzeigen. Hier ist eins ganz wichtig: Unternehmen sollten nichts schönreden. Arbeitgeber sollten sich überall so präsentieren, wie sie wirklich sind und nicht wie sie gerne wären. Alles andere rächt sich.
Immerhin sind Kandidaten untereinander bestens vernetzt. Schummeleien in den Auftritten kommen recht schnell ans Licht. Zum Beispiel, wenn ein Kandidat nach einem Vorstellungsgespräch schildert, wie es bei einem Arbeitgeber wirklich zugeht.
Ein riesiger Fauxpas ist also, wenn sich Betriebe in ihren Kampagnen zu viele positive Attribute zuschreiben. Hier gilt: Weniger ist mehr. Unternehmen, die ein erfolgreiches Employer Branding betreiben, stellen nur ein paar, dafür aber echte Mehrwerte in den Vordergrund ihrer Kommunikation. Es geht Bewerbern nicht um Masse, sondern um Klasse.
Risiko: Schlechte Bewertung auf Arbeitgeberbewertungsplattformen
Das bewahrt einen Arbeitgeber auch vor einem weiteren Risiko, auf das Unternehmen mit einer zweifelhaften Employer Branding-Strategie unweigerlich zusteuern: Eine schlechte Bewertung auf Arbeitgeberbewertungsplattformen.
Hält ein Unternehmen seine Employer Branding-Versprechen nicht ein, gibt jeder vierte potentielle Bewerber in solchen Fällen eine schlechte Bewertung auf Kununu und Co. ab. Das kann zum Beispiel dazu führen, dass von einem Arbeitgeber direkt angesprochene Kandidaten ein Angebot nach der Lektüre der Bewertung direkt ablehnen.
Auch viele Talente, die von sich aus auf Jobsuche gehen, sehen von einer Bewerbung ab. So geben beispielsweise geben vier von zehn Kandidaten an, dass sie sich aufgrund schlechter Arbeitgeberbewertungen gar nicht erst auf eine Stelle beworben haben. Das ist das Ergebnis der Studie Recruiting Trends der Universität Bamberg.
Mangelhafte Erfolgsmessung
Es gibt aber noch einen Fettnapf, in den Arbeitgeber bei ihren Employer Branding-Bemühungen treten können: Die Sache mit der Statistik. Nicht jeder Personaler hantiert gerne mit Zahlen. Die meisten haben den Job angetreten, um mit Menschen zu interagieren. Nichtsdestotrotz ist die Erfolgsmessung der eigenen Employer Branding-Bemühungen eigentlich Pflicht. Allerdings wird sie von vielen Unternehmen immer noch eher als Kür angesehen.
Das ist schlecht. Für eine strategische und nachhaltige Entwicklung des Employer Branding ist es unbedingt nötig, das Ergebnis der verschiedenen Maßnahmen zu messen, um Erfolg und Misserfolg gezielt nachzuvollziehen und daraus lernen zu können.
Objektive Kennzahlen zur Erfolgsmessung können sein:
- Arbeitgeberrankings
- Imagewert bei Zielgruppen
- Anzahl der angenommenen Vertragsangebote
- Anzahl der abgelehnten Vertragsangebote
Unternehmen, die ein gut funktionierendes Employer Branding betreiben, erheben solche Kennzahlen deutlich öfter, als die Unternehmen, die schlechtes Employer Branding betreiben. Erste Gruppe leitet hieraus Schritte zur Optimierung ab. Offenbar mit Erfolg. Allerdings erhebt immer noch mehr als die Hälfte der Unternehmen überhaupt keine objektive Kennzahl, wie wiederum die Forscher aus Bamberg herausfanden.
Fazit: Im Employer Branding lauern Risiken und Nachteile. Unternehmen interagieren zum Beispiel nicht passgenau mit der Zielgruppe, müssen sich teils massiver Kritik im Netz stellen oder mit schlechten Bewertungen umgehen. Doch es wäre falsch zu glauben, dass Arbeitgeber dem wehrlos ausgesetzt wären. Wer auf die richtige Strategie und maximale Authentizität setzt und seine Ergebnisse stets im Blick hat, um aus ihnen zu lernen, hat gute Chancen auf langfristige Erfolge.