„So gelingt das perfekte Vorstellungsgespräch“, „10 Tipps für das perfekte Bewerbungsgespräch“ oder: „Vorstellungsgespräch vorbereiten: Richtig überzeugen“. Das Internet ist voller Ratgeber für das perfekte Einstellungsgespräch. Der Haken: Alle wenden sich an Kandidaten. Aber wer denkt an die Personaler, die auf der anderen Seite sitzen? Zeit, das Blatt zu drehen. Schließlich bewerben sich heute Unternehmen bei Talenten und nicht mehr umgekehrt. Tipps, wie Arbeitgeber einen guten Eindruck beim Jobanwärter hinterlassen.
Tipps für eine perfekte Candidate Experience im Einstellungsgespräch
Ein Jobinterview ist immer ein Erlebnis. Ob es für den Kandidaten zum einem positiven oder negativen wird, hängt zum einen davon ab, wie sich der Arbeitgeber auf das Einstellungsgespräch vorbereitet und zum anderen, wie er bei dem Kennenlernen auftritt.
Dass eine gute „Candidate Experience“ im Einstellungsgespräch immer wichtiger wird, um einen Recruiting Erfolg zu erzielen, belegen Studien zuhauf. Denn in Zeiten, in denen Bewerber die Qual der Wahl haben, wo sie arbeiten, müssen sich Arbeitgeber schon ein bisschen mehr anstrengen als früher. Gutsherrenart ade. Stattdessen ist eine freundlichere und offenere Haltung gegenüber Kandidaten angesagt.
Bewerbungsprozess: Unternehmen müssen sich mehr anstrengen
Eine Erhebung aus dem Hause Softgarden, für die knapp 3.500 Studienteilnehmer zu ihren Erfahrungen bei Bewerbungen befragt wurden, legt allerdings nahe: Viele Arbeitgeber haben die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt. Denn für fast jeden zweiten Befragten sind die Gefühle, die er mit einer Bewerbung verbindet, nicht gerade positiv. Lediglich 26 Prozent gaben an, dass Bewerbungen für sie stressfrei ablaufen. Knapp die Hälfte gab sogar zu: Eine Bewerbung kostet Kraft.
Soweit, so schlecht. Denn, was passiert, wenn Bewerber nicht den nötigen „Spaß“ im Einstellungsgespräch verspüren, haben wiederum Wissenschaftler der Universität Bamberg herausgefunden. Jahr für Jahr untersuchen sie zusammen mit dem Karriereportal Monster die aktuellen Trends im Recruiting. Und diese sprechen eine eindeutige Sprache: Kandidaten springen heute erheblich schneller ab als früher. Sie sind weg! Über alle Berge! Vier von zehn Kandidaten haben schon mal ein Angebot abgelehnt, weil ihre Erwartungen im Bewerbungsprozess nicht erfüllt wurden. Chance vertan!
Tipps für das perfekte Einstellungsgespräch: Der Faktor Zeit
Dabei könnten Recruiter das Einstellungsgespräch ganz leicht zum perfekten Kandidatenerlebnis machen, wenn sie nur ein paar wesentliche Punkte beachteten. Damit zum Beispiel alles in entspannter Atmosphäre ablaufen, der Kandidat in Ruhe ankommen und sich nach und nach auf die Gesprächssituation einlassen kann, ist der Faktor Zeit ausschlaggebend.
Nichts ist schlimmer, als beim ersten Kennenlernen mit der Tür ins Haus zu fallen. Denn auch wenn Talente im Moment am längeren Hebel sitzen und wählen können, bei wem sie in Lohn und Brot stehen. Nervös sind sie dennoch. Darauf sollte der Personaler Rücksicht nehmen.
Das A und O für ein perfektes Einstellungsgespräch ist daher, sich genug Zeit einzuplanen. Mindestens 45 Minuten oder gar 90 Minuten sollten es schon sein. Die müssen nicht auf Teufel-komm-raus ausgereizt werden. Aber falls sich das Gespräch als interessant erweist, steht niemand unter zeitlichem Druck.
Die optimale Repräsentation des eigenen Unternehmens
Darüber hinaus sollten Recruiter bedenken, dass sie im Einstellungsgespräch ihr Unternehmen repräsentieren. Die Art und Weise, wie sie mit dem Kandidaten umgehen fällt unweigerlich auf das Unternehmen zurück. Insofern ist eine freundliche, wertschätzende Art Pflicht. Auch ein kleiner Snack und ein leckeres Getränk tragen dazu bei, die Gesprächsatmosphäre aufzulockern. Zwischen den Zeilen kann das Talent herauslesen: „Du bist bei uns herzlich willkommen. Wir haben uns auf dich vorbereitet und wollen, dass es dir bei uns gefällt.“
Auch sollte der Personaler den Lebenslauf des Talents gut kennen und genau wissen, wo Überschneidungen zum Anforderungsprofil einer Vakanz bestehen und wo nicht. Nur so kann er gezielte Nachfragen stellen.
Apropos Nachfragen. Die können und sollen natürlich auch vom Talent kommen. Insofern lohnt der vorherige Blick in die Unternehmensgeschichte und -werte, um parieren zu können. So zeigt der Recruiter: „Ich identifiziere mich mit meinem Unternehmen in höchstem Maße. Einfach, weil es ein toller Arbeitgeber ist.“
Der Eindruck, den dagegen schwammige Fragen zum CV und vage Aussagen über das eigene Unternehmen hinterlassen, ist eher nicht in Worte zu fassen. Größer könnte das Desinteresse wohl nicht sein, das darin mitschwingt.
Einstellungsgespräch: Organisatorischen Rahmenbedingungen festlegen
Des Weiteren sollten auch die organisatorischen Rahmenbedingungen bei einem Einstellungsgespräch stimmen. Vorab sollte daher unbedingt geklärt werden:
- Wer nimmt an dem Gespräch teil?
- Wann findet es statt?
- Wo soll es geführt werden?
- Wie läuft das Gespräch ab?
- Wer übernimmt die Begrüßung, wer den Hauptteil?
- Wechselt man sich ab?
Fragen, die vorab geklärt werden sollten, sind auch:
- Wer holt den Bewerber nach der Ankunft am Empfang ab?
- Soll der Kandidat anschließend im Haus herumgeführt werden?
- Ist technisches Equipment vonnöten?
- Soll der Kandidat nochmal das Recruiting Video sehen?
Kleine Weichenstellungen, die in der Summe nicht viel Zeit kosten, aber einen großen Effekt haben, ob es einem Talent bei einem Arbeitgeber auf Anhieb gefällt. Sie geben den Ausschlag, ob am Ende des Einstellungsgesprächs der Satz fällt: „Ich könnte mir sehr gut vorstellen, bei Ihnen zu arbeiten.“, oder ob sich der Bewerber wortkarg von Dannen schleicht.