Wer sich mit Employer Branding beschäftigt, weiß, dass in diesem Bereich gerne neue Buzzwords wie Säue durchs Dorf getrieben werden. Zu den aktuelleren gehören die Candidate Personas oder auch nur Personas. Sie spielen vor allem im Recruiting und Talent Management eine Rolle. Alles über den neuen Trend und wie man Candidate Personas definiert.
Ganz ursprünglich stammt die Idee, Personas zu definieren aus dem Marketing. Wie schon des Öfteren geschehen, hat sich die Employer Branding-Fraktion dieser Idee kurzerhand bedient. Dabei definiert man verschiedene fiktive Personen, die einer bestimmten Zielgruppe entsprechen.
Was sind Candidate Personas?
Im Employer Branding geht es dabei logischerweise um die verschiedenen Kandidatentypen, die man als Unternehmen von sich überzeugen und an sich binden will. Ziel ist es, diese besser zu verstehen und ihnen auf Basis dieses Wissens eine optimale Candidate Journey zu kredenzen. Und nicht zuletzt Bedingungen im Unternehmen zu schaffen, die die Talente animieren, so lange wie möglich zu bleiben.
Deshalb sollten Unternehmen bei der Festlegung der Personas nicht wahllos vorgehen, sondern im Gegenteil so strukturiert wie möglich. Fast schon wissenschaftlich. Denn je genauer die Einblicke in die jeweilige Zielgruppe ausfallen, umso besser können Arbeitgeber ihre Employer Branding-Strategie auf die Bedürfnisse der Kandidaten abstimmen. Logisch!
So etwas muss sich auch die auf Financial Service spezialisierte Unternehmensberatung zeb gedacht haben, die als eines der ersten Unternehmen in Deutschland ein internes Projekt in punkto Candidate Personas an den Start brachte. Bei dem diesjährigen Candidate Experience Symposium in Frankfurt stellte sie ihre Vorgehensweise vor.
Definition von Candidate Personas: Die Vorgehensweise
Zunächst galt es die Frage aller Frage zu beantworten: Wie kommt man an das benötigte Detailwissen heran, wie die einzelnen Kandidaten so ticken? Man wollte die Talente schließlich nicht nur oberflächlich verstehen, sondern wirklich wissen: Wie sind die Menschen aufgestellt, die sich explizit bei uns bewerben?
Ansonsten hätte auch die Lektüre einschlägiger Studien ausgereicht. Diese beschreiben schließlich zuhauf, wie die Generationen X, Y und Z sowie die Baby Boomer drauf sind. Doch zeb wollte mehr, als nur zu wissen, dass beispielsweise die Ypsiloner großen Wert auf Work Life Balance legen.
HR wollte herausfinden, welcher Angebote es ganz konkret bedarf, damit sich die Talente lange im Unternehmen wohlfühlen. Denn nicht jeder versteht unter Work Life Balance zwingend das Angebot, ein oder zwei Tage im Home-Office zu arbeiten. Das greift zu kurz. In der individuellen Ausgestaltung dieses Begriffs sind die Geschmäcker höchst verschieden.
Die Vorlieben reichen von flexiblen Arbeitszeiten über hochmoderne Arbeitsplatzangebote bis hin zu explizit zugeschnittenen Karrierechancen oder einer Kombination aus allem. Anderen sind Gesundheitsangebote und Sportevents wichtig. Was davon bewegt den klassischen zeb-Bewerber? Ist der eher karrierebewusst oder familienorientiert, sportlich oder wissbegierig? Oder von allem ein bisschen?
Analyse der Zielgruppen
Um hierauf Antworten zu finden, wurden in einem Design-Thinking-Prozess die relevanten Zielgruppen identifiziert, en Detail analysiert und dann zu fiktiven, idealtypischen Charakteren verdichtet. Nach und nach entwickelten sich aus einer ersten schemenhaften Vorstellung sehr dezidiert beschriebene Personas.
Um deren jeweilige Vorlieben, Talente, Ansprüche und Ängste zu erurieren, zog das HR-Team von zeb drei Quellen zu Rate:
- die Ergebnisse einer offiziellen Studie zum Thema Candidate Experience
- das systematisch erhobene Feedback neu eingestellter Mitarbeiter über ihre Erfahrungen mit dem Arbeitgeber
- knapp 30 Tiefeninterviews mit sehr unterschiedlichen Kandidaten
Die Analyse dieser Quellen schaffte Transparenz über Erwartungen der Zielgruppen in Bezug auf jede Phase des Recruiting Prozesses. Nicht zuletzt aber auch über die Touchpoints, über die man mit ihnen in Kontakt treten kann – ansonsten ist alle Liebesmüh’, den Bewerbungsprozess aufzupimpen schließlich vergebens. Denn man würde direkt aneinander vorbei kommunizieren.
Umstrukturierung des Employer Branding Prozesses
Um sich den Personas menschlich besser annähern zu können, gab ihnen das Unternehmen sogar Namen. Da wäre zum Beispiel Sarah, die gerne alle möglichen Informationen googelt. Wer bei ihr als Arbeitgeber auffallen will, muss also im ersten Schritt alles daransetzen, eine suchmaschinengerechte Karriereseite zu haben.
Die Erwartungen der fünf definierten Personas bilden nun die Blaupause für die neuen Candidate Journeys, die nach und nach entstehen. Sie alle berücksichtigen die spezifischen Faktoren, die für die einzelne Persona auf den Faktor Arbeitgeberattraktivität einzahlen. Dafür wird zunächst der komplette Recruiting Prozess auf den Prüfstand gestellt: von der ersten Kontaktphase bis zum Onboarding.
Viel Arbeit, die sich aber lohnt. Aufgrund des Branchenfokus des Dienstleisters ist die Anzahl verfügbarer Kandidaten relativ klein. Umso wichtiger ist es, die Candidate Experience so zielgruppenspezifisch wie möglich zu gestalten, um keinen passenden Kandidaten im Recruiting Prozess zu verlieren.
Davon könnte sich zweifellos der ein oder andere Arbeitgeber durchaus ein Scheibchen abschneiden. Die „Candidate Journey Studie 2017“ von meta HR und stellenanzeigen.de unter der Autorenschaft von Prof. Dr. Peter M. Wald von der HTWK Leipzig und Christoph Athanas von meta HR belegt: „Für 85 Prozent der Bewerber ist die eigene kulturelle Passung zur Zielorganisation (eher) wichtig. Neue Mitarbeiter, welche bald nach Antritt der neuen Stelle schon wieder nach anderen Arbeitgebern Ausschau halten, sind mehrheitlich von der tatsächlich vorgefundenen Kultur enttäuscht.“ Damit wäre auch die Frage beantwortet, ob die Sache mit den Personas nur ein kurzfristiger Trend ist. Der Punkt geht klar an die Personas!