Viele der Leser dieses Blogs werden sich noch erinnern: Die Zeit in der man die Tageszeitschrift aufgeschlagen hat und auch mal den Anzeigenteil nach freien Stellen überflog. Manchmal einfach aus Interesse und manchmal, weil man tatsächlich auf der Suche war. Die Anzeigen waren und sind meist ansprechend gestaltet und zeigten einen lächelnden Mann oder eine lächelnden Frau in Business-Klamotte. Für Verlage waren diese Anzeigen eine wahre Cashcow und haben nicht selten über einen eher dürftigen Inhalt hinweggetröstet. Die Zeiten der Anzeigenschaltung in Tageszeitschriften sind zwar nicht vorbei, aber definitiv kurz vor dem Auslaufen. Grund ist – wie so oft – das Internet. Mit Stellenportalen kamen interaktive Stellenausschreibungen auf den Markt und lösten in den letzten Jahren die klassischen Print-Anzeigen nach und nach ab. Die Vorteile liegen klar auf der Hand: Sofort verfügbar. Der Bewerbungsprozess geht sowieso online. Eine riesige Auswahl. Schnelle Entscheidungswege.
Mit dem Erfolg von Facebook, Twitter, Instagram und Co. Erlebte die Recruiting-Branche in den letzten Jahren eine Art "kleine Revolution." Vorausgesagt wurde, dass sich klassische Jobbörsen nicht mehr halten werden und durch das so genannte Social-Recruiting abgelöst werden. Der durchschlagende Erfolg blieb jedoch aus, da Bewerber soziale Netzwerke eben sehr selten für Fragen rund um Beruf und Karriere nutzen, sondern eher für Freizeit, Spaß und Katzenbilder. Soweit ist das ja auch verständlich, nur hatte sich die HR-Branche etwas anderes ausgemalt. Mit Social-Recruiting wollte man endlich weg von der immer gleichen Anzeigenschaltung. Man wollte den Bewerber direkt einbinden, Feedback zum Bewerbungsprozess einholen und durch Empfehlungen quasi eine Flut an qualifizieren Mitarbeiter anlocken. Getan haben die deutschen Unternehmen dafür wenig. Sie hofften einfach auf den sozialen Effekt, welcher aber ausblieb.
Doch was ist Social-Recruiting überhaupt?
Unter Social-Media-Recruiting versteht man die Gewinnung von Personal über die sozialen Netzwerke. Als Synonym wird auch oft Social Hiring benutzt, was im deutschen Sprachraum eher als „Soziale Bewerberauswahl“ verstanden wurde. Kerngedanke von Social Recruiting ist es, dass man durch passive Maßnahmen (wie zum Beispiel Mitarbeiter-Blogs, Recruiting-Videos, Ausbildungsmarketing-Kampagnen) die eigene Attraktivität im Markt soweit steigert, dass Job-Suchende sich aus eigener Motivation bei dem Unternehmen um freie Stelle informiert. Bereits nach der ersten Ernüchterung hat man jedoch eingesehen, dass die Bewerber das gar nicht wollen. Nicht, weil es keine spannenden und tollen Kampagnen gab, sondern weil über 90% der Stellensuchenden sich noch immer in „klassischen“ Jobbörsen informiert.
Dabei ist die Idee von Social Recruiting gar nicht so falsch oder abwegig. Dennoch gelingt es den meisten Unternehmen nicht, sich durch Facebook, XING und viele weitere Portale wirklich von den Mitbewerbern abzugrenzen. Schaut man sich die Seiten einiger großer Dax-Unternehmen an, lassen sich die Schwierigkeiten schnell erkennen. Die drei eklatantesten Probleme sind:
Es fehlt an Kreativität
Viele Unternehmen verzichten komplett auf kreative Ideen oder Kampagnen. Neben dem Verweis auf Stellenanzeigen, den 100.000en Standard-Mitarbeiter-Blog oder scheinbar spannenden „Behind-the-scene“-Fotos gibt es wenig Neues. Dabei ist genau das gefordert: junge und gut qualfizierte Menschen können sich heutzutage das Unternehmen aussuchen. Es gibt keinen Zwang mehr einem bestimmten Arbeitgeber zu wählen. Auch der Verbleib bei einer Firma ist nicht mehr notwendig. Im Recruiting-Prozess muss man positiv auffallen und aus der Masse hervorstechen.
Herzlose Umsetzung
Viele Social-Recruiting-Kanäle lesen sich, als hätten willenlose SEO-Sklaven die Texte geschrieben. Hier gilt es endlich umzudenken: Inhalte sollen nicht für eine möglich gute Platzierung bei Google erstellt werden, sondern für die Nutzer an sich. Die Bewerber haben großes Interesse an dem tatsächlichen Gesicht einer Firma. Sie wollen miterleben und sich auch digital willkommen fühlen. Dieses Gefühl kann man schwer vermitteln, wenn man einen Text ausschließlich für Suchmaschinen optimieren lässt.
CTR gilt auch in sozialen Netzwerken
Spannende und gute Inhalte zu produzieren ist nicht leicht. Besonders dann nicht, wenn sie auch noch für die Bewerber geschrieben sind, nicht für die Suchmaschinen. Doch auch in sozialen Netzwerken sollte man die CTR nicht vergessen. Der Erfolg bleibt aus, wenn man den Nutzern keine Interaktion anbietet.