Für die Arbeitnehmerüberlassung (AÜ) gibt es verschiedene Bezeichnungen. Manchem dürfte sie vielleicht eher als Zeit- oder Leiharbeit geläufig sein. Doch welche Regelungen verbergen sich hinter diesen Begriffen? Und was müssen Arbeitgeber beachten?
Die Arbeitnehmerüberlassung ist eine Dreiecksgeschichte – zwischen dem Leiharbeitnehmer, dem Verleiher und einem Entleiher. Klingt erstmal komplex, ist es aber im Grunde nicht. Im ersten Schritt kommen Leiharbeiter und Zeitarbeitsunternehmen zusammen. Sie schließen einen regulären Arbeitsvertrag miteinander ab. Nur, dass der Arbeitnehmer in diesem besonderen Fall seine Arbeit nicht vor Ort bei seinem Arbeitgeber verrichtet, sondern bei einem Betrieb, der ihn „entliehen“ hat.
Dennoch ist und bleibt der Verleiher, auch Personaldienstleister oder Zeitarbeitsunternehmen genannt, der Arbeitgeber. Er bezahlt dem verliehenen Mitarbeiter das monatliche Salär, gibt im ihm Urlaub und verwaltet seine Ausfallzeiten. Zwischen dem entleihenden Betrieb und dem Leiharbeitnehmer besteht hingegen kein Arbeitsverhältnis. Stattdessen besteht ein Dienstleistungsverhältnis mit dem Zeitarbeitsunternehmen. Dafür fließt Geld im Monatsrhythmus. Ein Teil dieser Summe ist der Monatslohn des Leiharbeiters.
Vorteile der Arbeitnehmerüberlassung für Arbeitgeber
Für Arbeitgeber, die zum Beispiel mit saisonalen Auftragsschwankungen arbeiten müssen, bietet Leiharbeit zahlreiche Vorteile:
- Flexibilität: Benötigte Arbeitskräfte stehen kurzfristig zur Verfügung.
- Arbeitgeber können auf diese Weise sehr schnell auf unvorhergesehene Auftragsspitzen reagieren.
- Bei plötzlichen Auftragsflauten kann das Leiharbeitsverhältnis kurzfristig beendet werden.
- Kalkulierbar geringere Kosten: Zum Beispiel fallen keine Gelder für Urlaub oder Krankheit an.
- Minimierter bürokratischer Aufwand: Der Verleiher kann auf aufwändige Auswahlverfahren für Bewerber verzichten.
Die gesetzlichen Grundlagen für die Arbeitnehmerüberlassung finden sich im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Für das AÜG trat im April 2017 eine Novelle in Kraft, die einige Änderungen mit sich brachte – mit dem Ziel, die bewusste Ausnutzung von Leiharbeitern zu verhindern.
Gesetzesnovelle begrenzt Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung
Das kommt nicht von ungefähr. Denn Zeitarbeit geriet in den vergangenen Jahren immer öfter in die Kritik, weil Fälle bekannt wurden, bei denen die Prinzipien der Leiharbeit unlauter von Arbeitgebern ausgenutzt wurden. Zum Beispiel wurden Arbeitnehmer der Stammbelegschaft gegen niedriger bezahlte Leiharbeitnehmer ausgetauscht, um ganze Teile der Produktion oder einer Dienstleistung zu günstigeren Kosten fremd zu vergeben.
Diese Vorfälle waren nicht auf einzelne Branchen begrenzt. Zwar hatte sich insbesondere die Fleischindustrie in diesem Zusammenhang einen besonders schlechten Ruf „erarbeitet“, doch Missbrauch gab es auch in anderen Bereichen – im Handel, in Wäschereien oder in Möbellagern. Es gab Fälle, in denen ganze Nachtschichten durch Leiharbeiter ersetzt wurden. Dieses Lohndumping führte nach und nach zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft in Unternehmen.
Arbeitnehmerüberlassung 2017: Fairer Lohn für gute Arbeit
Dem wirkte die Bundesregierung mit ihrer jüngsten Gesetzesnovelle entgegen. „Wir wollen verhindern, dass Leiharbeit und Werkverträge missbraucht werden, um Druck auf Beschäftigte, Löhne und Arbeitsbedingungen zu machen. Daher führen wir die Leiharbeit auf ihre Kernfunktion zurück und schieben dem Missbrauch von Werkverträgen einen Riegel vor“, begründete Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) die Neuerung. Fairer Lohn für gute Arbeit sei das Ziel.
Zuvorderst haben sich neue Regelungen in den Bereichen Entlohnung, Höchstüberlassungsdauer und Arbeitsverträge ergeben. Hier ein Überblick im „Schnelldurchlauf“:
- Gleicher Lohn für gleiche Arbeit nach neun Monaten: Leiharbeitsbeschäftigte müssen nach geltendem Recht bereits nach neun Monaten genauso bezahlt werden wie die Stammbelegschaft. Mit dieser so genannten Equal-Pay-Regelung geht die Bundesregierung aktiv gegen Lohndumping vor.
- Das Gesetz regelt darüber hinaus, dass bestehende Branchenzuschlagstarifverträge fortgeführt und weiterentwickelt werden können. Diese sehen bei Einsätzen in bestimmten Branchen bereits jetzt in den ersten neun Monaten eine stufenweise Steigerung des Gehalts vor. Leiharbeitnehmer erhalten dann bereits in den ersten Einsatzmonaten mehr Geld.
- Es gilt eine verpflichtende Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten, um Leiharbeit als Dauerzustand zu verhindern. Nach Ablauf dieser eineinhalb Jahre sind die entleihenden Betriebe verpflichtet, Zeitarbeiter zu übernehmen.
- Um die Umgehung der Überlassungshöchstdauer durch kurze Einsatzunterbrechungen und Wechsel des Personaldienstleisters zu verhindern, sieht das Gesetz die Zusammenrechnung einzelner Überlassungszeiten vor.
- Das Gesetz macht mit dem Missstand Schluss, dass Unternehmen Zeitarbeiter gezielt als Streikbrecher einsetzen, um damit Tarifverhandlungen zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Beschäftigte in der Leiharbeit dürfen künftig nicht mehr für Arbeiten eingesetzt werden, die von einem Streikenden gemacht wurden.
Mehr Informationsrechte für Betriebsräte
Last but not least: Betriebsräte erhalten mehr Informationsrechte – wiederum zum Schutz der Arbeitnehmer und Leiharbeiter. Bislang wussten Betriebsräte oft nicht, wer zu welchen vertraglichen Konditionen innerhalb des Betriebes beschäftigt wurde. Nun haben sie das Recht, Verträge einzusehen. Diese Regelung zielt auf eine stärkere Transparenz in den Betrieben ab. Sie macht den Betriebsrat handlungsfähiger, um gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen vorzugehen.
DGB warnt vor neuen Schlupflöchern
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßt das Gesetz als einen ersten wichtigen Schritt gegen Missbrauch bei der Arbeitnehmerüberlassung. Weitere müssten aber noch folgen. „Die Regulierung von Leiharbeit und Werkverträgen war überfällig. Das nun vorgelegte Gesetz ist ein erster Schritt, den die Arbeitgeber lange Zeit blockieren wollten. Während es für Leiharbeiter Verbesserungen gibt, sind die Regelungen bei den Werkverträgen durch die Unternehmerlobby aufgeweicht worden“, so DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann.
Weiterer Nachbesserungsbedarf besteht aus seiner Sicht aber zum Beispiel in dem folgenden Bereich: „Zwar hat der Gesetzgeber klargestellt, dass Leiharbeit nach 18 Monaten enden soll. Jedoch ist diese Regelung nicht an den jeweiligen Arbeitsplatz gebunden. Ich kann die Unternehmen nur davor warnen, hier neue Schlupflöcher zu suchen und diese Regelung durch das Austauschen von Beschäftigten zu umgehen. Nicht zuletzt der wissenschaftliche Dienst des Bundestages teilt unsere Befürchtung. Wir werden das sehr genau beobachten.“ Gut so!